Reden und Ansprachen

Abschlußrede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staats- und Ministerrates, anläßlich des Ersten Internationalen Kongresses über Kultur und Entwicklung, die am 11. Juni 1999, in der Kongreßhalle, Palacio de las Convenciones, gehalten wurde

Datum: 

11/06/1999

Werte Minister und Verantwortlichen des Kulturbereiches aus den lateinamerikanischen oder iberoamerikanischen Ländern!

Werte Gäste!

Liebe Teilnehmer am Ersten Internationalen Kongreß über Kultur und Entwicklung!

Sie, die Teilnehmer des Kongresses, haben 4 Tage lang getagt, und zum Glück überschnitt sich die Tagung mit dem zweitägigen Treffen der Kulturminister und Verantwortlichen des Kulturbereichs am 10. und 11. Juni, das der im November stattfindenden Iberoamerikanischen Gipfelkonferenz vorrausgeht. Wir haben versucht, gewisse Informationen darüber zu bekommen, über was sie debattiert haben und wie die Diskussionen verlaufen sind.

Meinem Anschein nach haben die Veranstalter Genugtuung angesichts des Verlaufs der beiden Veranstaltungen empfunden.

Unter den Debatten gab es zweifelsohne viele Themen von großem Wert, wobei einige davon meine Aufmerksamkeit besonders erregt haben. Wir könnten sagen, daß ich persönlich sie unter den Themen bezüglich von Kultur und Politik eingliedern muß, die ich sehr schätze. So zum Beispiel die folgenden Themen: Die Staaten müssen eine richtige Erziehungspolitik für die Umwelt begünstigen; die Bedeutung der Geschichte für die Übermittlung von Werten und die Verteidigung der Identität der Völker; die Notwendigkeit, die kolonialen oder hegemonistischen Modelle zurückzuweisen; der Tourismus darf die nationale Identität nicht beeinträchtigen; die Notwendigkeit, über die gegenwärtige Welt neu nachzudenken, Meinungsäußerungen zu tätigen und Ideen zu übermitteln - das ist meiner Meinung nach das Hauptanliegen -; dringende Notwendigkeit, mit der Erziehung und der Schaffung einer richtigen Kulturpolitik eine wirklich ethische Revolution im Menschen zu begünstigen. Es ist wirklich das erste Mal, daß dieses Thema treffend behandelt wird.

Ich weiß nicht, ob wir alle damit einverstanden sind, ich jedoch bin zumindest einverstanden, und zwar bezüglich des Punktes 12, der folgendes aussagt: Die kapitalistische Wirtschaft wird die perspektivische Entwicklung der Menschheit nicht garantieren, weil sie die kulturellen und menschliche Verluste ihrer eigenen Ausdehnung nicht berücksichtigt. Ich denke etwas weiter, denn sie garantiert nicht nur keine perspektivische Entwicklung der Menschheit, sondern sie setzt als System das eigene Dasein der Menschheit aufs Spiel.

Am Eröffnungstag des Kongresses drängten Sie mich dazu, ein paar Worte zu sagen, und ich behandelte einen wichtigen Aspekt über die Vermittlung von Ideen.

Ich weiß nicht, wie lange Sie das Thema bezüglich der Umsetzung dieses Prinzips behandelt haben. Ich weiß, daß Sie als Grundelement und als Hauptpolitik der Integration, von der gesprochen wird, die Tatsache genannt haben, daß es notwendig sei, daß die Kultur eine vorrangige Position unter den Zielen dieser Integration einnimmt.

Zusammen wären wir wie eine Gesamtsumme von vielen und sehr reichen Kulturen. In diesem Zusammenhang denken wir an unser Amerika, wie Marti es genannt hat, dieses Amerika, das beim Río Bravo anfängt, obwohl es an der Grenze zu Kanada anfangen sollte, denn dieses Gebiet gehörte auch zu unserem Amerika, bis einige unersättliche expansionslustige Nachbarn sich des Territoriums des westlichen Teils der heutigen USA bemächtigten. Ich beziehe mich heute auf diese Integration, einschließlich der Karibik. Noch sind die Karibikstaaten bei diesen Iberoamerikanischen Gipfeltreffen nicht vertreten. Zum Glück werden alle lateinamerikanischen und karibischen Länder mit den Ländern der Europäischen Union am 28. und 29. Juni in Rio de Janeiro erstmalig zusammenkommen. Wir haben angefangen, die Familie zu vergrößern. Im Allgemeinen waren die karibischen Länder in Vergessenheit geraten, weil auch wir lateinamerikanische Länder in Vergessenheit geraten waren und noch heute ignoriert werden.

Die Summe aller unserer Kulturen würde eine enorme Kultur und eine Vermehrung unserer Kulturen ergeben. Die Integration darf die Kultur jedes unserer Länder nicht beeinträchtigen, sondern muß sie bereichern.

Wenn wir heute in diesem Sinn von Einheit sprechen, dann tun wir das noch im engeren Rahmen. Ich glaube vielmehr an die Einheit aller Länder der Welt, an die Einheit aller Völker der Welt und an die frei, wirklich freie, Einheit; nicht an die Fusion, sondern an die freie Vereinigung aller Kulturen, an eine wirklich demokratische Welt, an eine Welt, in der eine solche Globalisierung anzuwenden ist wie die, die Karl Marx zu seiner Zeit erwähnt hat und von der Johannes Paul II heute spricht, wenn er die Idee der Globalisierung der Solidarität zum Ausdruck bringt.

Wir haben noch die Aufgabe, genau zu definieren, was Globalisierung der Solidarität bedeutet. Wenn wir diesen Gedanken bis zur letzten Konsequenz verwirklichen, dann werden wir feststellen, daß der Punkt 12 eine Realität ist, denn ich frage mich, ob das kapitalistisches System die Globalisierung der Solidarität garantieren kann. Man spricht nicht von der Globalisierung der Wohltätigkeit, die so weit sehr gut wäre. Hoffentlich kommt jedoch der Tag, an dem die Wohltätigkeit nicht nötig sein wird. An diesem Tag wird die Solidarität einen universellen Sinn erlangen und der Geist der Solidarität wird sich im globalen Rahmen verbreitet haben.

Ich habe das gesagt, um zu beweisen, daß ich auf keinem Fall ein strenger Nationalist oder Chauvinist bin. Ich habe eine viel höheres Konzept des Menschen und noch anspruchsvollere Träume über die Zukunft des Menschengeschlechts, das mit großer Mühe das erreicht hat, was es heute ist und weiß. Und trotzdem ist es heute noch nicht einmal der Bezeichnung eines wirklich menschlichen Geschlechts würdig. Was wir heute sehen, ist weit davon entfernt, aber vielleicht ist es desto näher, je weiter entfernt es erscheint, denn diese Menschheit steckt in einer riesigen Krise und nur aus riesigen Krisen können große Lösungen erwachsen.

Dies hat uns die Geschichte bis jetzt gelehrt, bis zum diesem Augenblick, in dem die reale Globalisierung, die man bis vor kurzer Zeit nicht einmal erwähnt hat, und die enormen Fortschritte der Wissenschaft und der Technik sowie der Kommunikationsmittel das möglich und unvermeidlich machen. Die Menschen können innerhalb von Sekunden kommunizieren, egal wo sie sind.

Zum Beispiel ist es für mich einfacher, mit unserem Botschafter in der UNO Kontakt aufzunehmen als mit unserem Außenminister. Der Botschafter hat dort ein Handy und wenn er in einem Saal neben seinem Partner, dem US-Botschafter, sitzt, und ihn ein leerer Stuhl von diesem trennt, kann er sprechen, genauso wie heute, als ich mit ihm telefonierte und ihn fragte, wo er sei, ob in der diplomatischen Mission, zu Hause oder in der UNO, und er erwiderte: "In sitze im Auto". Ich sagte "Wieso im Auto? Man hört Dich sehr gut!" Darauf sagte er: "Ja, jetzt stehen wir vor der Ampel" und wir haben uns einige Minuten lang weiter unterhalten. Es ist wirklich unglaublich.

Die technologischen Fortschritte erklären die Genauigkeit, mit der die berühmten Satelliten die Raketen und die intelligenten Waffen lenken. Sie sind nicht so intelligent, daß sie nicht mit einer besorgniserregenden Häufigkeit ihr Ziel verfehlen würden, wenn es sich wirklich um Fehler und nicht um Absichten handelt.

Der Fall der chinesischen Botschaft erschien etwas merkwürdig, so merkwürdig, daß sie beim Versuch, es zu erklären, sagten, daß sie bei der Bombardierungen alte Landkarten benutzt hätten. So hätte eine Bombe aufgrund nicht aktualisierter Landkarten auch hier auf diesen Konferenzsaal fallen können.

Mit der selben Geschwindigkeit bewegt sich das Geld und werden Spekulationsoperationen mit den Währungen in einer Größenordnung von einer Billion US-Dollar täglich durchgeführt. Das sind nicht die einzigen Spekulationsoperationen, die stattfinden, und außerdem werden sie nicht nur mit den Währungen durchgeführt.

Zu Magallans Lebzeiten dauerte eine Weltreise viele Monate lang und heute kann man in knapp 24 Stunden um die Welt reisen.

Vor kurzer Zeit bin ich auch um die Welt gereist, mit Zwischenstationen in Dänemark, China, Vietnam, Japan, Kanada, und zurück nach Havanna. Mir war danach, mit Zahlen zu spielen und zu rechnen. Wenn man Richtung Osten mit einer schnelleren Maschine fliegt, kann man in China am Montag frühmorgens abfliegen und am Sonntag nachmittag in Havanna ankommen.

Wir haben gesehen, wie sich die Welt in ein paar Jahrzehnten verändert hat.

Wenn sie einverstanden wären, würde ich ein Thema einführen, genau wie sie mehrere Themen eingeführt haben, und dieses Thema könnte heißen: Kultur und Souveränität.

Ich gründe meine Ausführungen auf konkrete Fakten, denn es geht nicht um theoretische Überlegungen, sondern um Fakten, die wir sehen können und die sogar ein Kurzsichtiger sehen kann: Ohne Souveränität kann es keine Kultur geben. Abel erläuterte, wie es einer Handvoll brillianter Persönlichkeiten gelungen ist, trotz des Neokolonialismus und des US-Hegemonismus in Kuba die nationale Kultur zu retten.

Es gibt ein weiteres Land, das noch mehr Verdienste hat als wir, nämlich Puerto Rico. Seit 100 Jahren ist es eine US-Kolonie und sie konnten weder die Sprache noch die Kultur Puerto Ricos vernichten. Es ist bewundernswert! (Beifall)

Gewiß, heute verfügt der Imperialismus über mächtigere Mittel zur Vernichtung von Kulturen, zur Durchsetzung von Kultur und zur Homogenisierung von Kultur. Vielleicht kann er heute in zehn Jahren einen noch größeren Einfluß als in den letzten 100 Jahren ausüben. Das von mir genannte Beispiel gibt eine Vorstellung vom Widerstandsvermögen der Völker und dem Wert der Kultur. Man hat sie ihrer Souveränität beraubt und trotzdem haben sie den Widerstand aufrechterhalten.

Wenn es jedoch möglich ist, Beispiele dafür zu nennen, daß es ohne Souveränität Kultur oder zumindest ein gewisses Kulturniveau geben kann, so kann man in der heutigen oder zukünftigen Welt Souveränität ohne Kultur weder verstehen noch es sich vorstellen.

Während sie, die Kongreßteilnehmer, die Kulturminister und die Verantwortlichen des Kulturbereichs im Iberoamerika, gestern hier debattierten, wurde dort in der UNO ein gewaltiger Kampf um die Souveränität geführt. Und gleichzeitig würden wir sagen, daß es sogar ein gewaltiger Kampf um die Kultur war. Ja, weil ich sage, daß die Mittel, über die diejenigen verfügen, die die Welt wirtschaftlich und fast politisch beherrschen, sehr viel mächtiger als je zuvor sind.

Dieser gewaltige Kampf wurde im Rahmen der Versammlung des Sicherheitsrates geführt, um einen Resolutionsentwurf über den gegen Jugoslawien und besonders gegen Serbien ausgelösten Krieg zu debattieren. Meines Erachtens geht es um eine historische Schlacht, weil der Imperialismus und seine Alliierten - man könnte sagen, der Imperialismus und diejenigen, die ihn unterstützen, wenn auch gegen ihre eigenen Interessen - tatsächlich einen gewaltigen Kampf gegen das Prinzip der Souveränität führen, es ist eine beeindruckende Offensive gegen dieses Prinzip.

Das hat man kommen sehen. Als das sozialistische Lager zusammenbrach, die UdSSR aufgelöst wurde und in der Welt nur noch eine einzige Supermacht übrig blieb, ahnte man bereits, daß eben diese Supermacht, deren Ursprünge gut bekannt und deren Prinzipien und diabolische Methoden überaus bekannt sind, nicht aufhören konnte, zu versuchen, ihre gigantische Macht zur weltweiten Durchsetzung ihrer Normen und ihrer Interessen zu verwenden, zuerst mit vorsichtigen und später dann mit schärferen Mitteln.

Wir betrachten einen Imperialismus, der seine ganzen Macht und Kraft einsetzt, um alles wegzufegen, was ihm im Weg steht. Die Kultur gehört zu den Dingen, die ihm im Weg stehen. Überdies sind sie die Eigentümer der großen Mehrheit der Kommunikationsmittel, weil sie über 60% des Kommunikationsnetzes der Welt und über die mächtigsten Fernsehketten verfügen, die keinen Rivalen haben. Faktisch besitzen sie das Monopol über die Filme, die auf der Welt gezeigt werden.

Wir können sagen, daß Frankreich, das einen beinahe heroischen Kampf um die Aufrechterhaltung seiner Kultur gegenüber der US-Kulturinvasion führt, nach meiner Kenntnis das einzige europäische Land ist, wo die US-amerikanischen Filme weniger als 50 % aller dort gezeigten Filme ausmachen. In den anderen Ländern des Alten Kontinents überschreitet die Zahl 50%, 60%, 65%, 70% und sogar 80% in einigen Ländern. Bei Fernsehserien beträgt der Anteil 60%, 70%, 80%, 90%, so daß ca. 70% der gesendeten Fernsehserien und 75% der im Umlauf befindlichen Videokassetten US-amerikanischer Herkunft sind. Das sind Zahlen, die sie sicherlich gelesen haben. Ramonet spricht über sie. Es ist ein fast absolutes Monopol.

Es gibt bedeutende lateinamerikanische Länder, wo 90% der gesendeten Filme und Fernsehserien US-amerikanisch sind und Sie wissen, was in den Filmen gezeigt wird. Aus Europa kommt wenig Filmmaterial. Es ist eine totale US-amerikanische Kulturkolonisierung auf diesem Gebiet.

Er reicht, Ihnen zu sagen, daß wir uns im unserem Fall sehr anstrengen müssen, um wertvolle Filme zu finden, die eine moralische und kulturelle Qualität haben. Wie können wir den Filmen entgehen, die ausschließlich von Gewalt, Mafia und Sex handeln? Wie können wir so vielen entfremdenden Filmen und dem Gift, das sie in der Welt versprühen, entkommen? Es ist nicht einfach für unser Fernsehen, das mit einigen Ausnahmen keine Werbung betreibt, einen Film für die Freitage und die Sonnabende zu finden, es ist überaus schwierig. Und die Bevölkerung kritisiert immer häufiger die gezeigten Filme. Obwohl wir sie kopieren, denn wir müssen mit aller Aufrichtigkeit sagen, daß sie in dem gleichen Maße, wie sie über uns die Blockade verhängt haben, jegliche Importe verhindern, so daß wir uns zum Kopieren der Filme gezwungen sahen.

Es gibt Dinge, die sehr leicht zu kopieren sind, darunter die Filme, und ich glaube, daß die Mitarbeiter des angesehenen ICAIC (Kubanisches Institut für die Filmindustrie) sich in den ersten Jahren - und es ist mit gutem Recht ein historisches Verdienst- auf das Kopieren von amerikanischen Filmen spezialisierten, als es einige gute Filme gab. Früher gab es mehr US-Filme von Qualität, genauso wie europäische Filme. Man konnte sie sich anschauen.

Der kommerzielle Geist ist derart eingedrungen, daß er sich vernichtend für die Kultur auswirkt. Welches europäische Land kann 300 Mio. US-Dollar oder mehr für einen Film ausgeben? Welches europäische Land kann mit einem einzigen Film einen Profit von 500 Mio. erzielen oder 1,2 Milliarden umsetzen? Das sind Unternehmen, die aus allem Profite erzielen: durch den Warenverkauf im Zusammenhang mit einem kostspieligen und mit guter Promotion ausgestatteten Film gewinnen sie mehr als durch die Vorführung des Filmes.

Außerdem können sie mit diesem Filmen allein auf dem US-Markt die Kosten decken und sie erzielen große Gewinne. Schätzen Sie mal, sie können sie später überall in Europa oder weltweit billiger verkaufen. Wer kann mit ihnen konkurrieren?

Und diese europäischen Länder, von denen einige unter einem wirklich kulturellen Trauma leiden, während andere dem Phänomen ziemlich gleichgültig gegenüberstehen, die mit ihrer Einheit und Integration danach streben, ihre wirtschaftlichen, technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Möglichkeiten als eine Frage des Überlebens zu entwickeln, - und es geht nicht um kleine Länder, kleine Inseln oder sehr arme, unterentwickelte Länder, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 200 oder 300 US-Dollars jährlich beträgt, sondern um Länder mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 20.000, 25.000, 30.000 und sogar 40.000 US-Dollar - unterstützen die imperialistische Politik, unterstützen heute die Politik, die Prinzipien der Souveränität wegzufegen.

Sie geben gewiß nationale Souveränitätsrechte auf, denn indem sie sich einigen, öffnen sie die Grenzen, lassen das Kapital frei umlaufen, lassen den Arbeitnehmern, dem Fachpersonal und gemeinsamen Einrichtungen, die ausschließlich für die europäischen Länder Vorteile bringen, die freie Entfaltung, und die Menschen aus den südlichen Ländern müssen mit kleinen Booten anreisen und das Land auf illegale Weise betreten.

Jene Länder verzichten allmählich auf die nationale Währung, und dies mit einer guten Logik, um eine gemeinsame Währung zu verwenden. Das ist nicht dasselbe als eine ausländische Währung zu übernehmen, die von der Federal Reserve der USA dominiert ist, was faktisch bedeutet, das Land an die USA anzuschließen.

Was würde mit uns geschehen, die wir zumindest bewiesen haben, daß man gegenüber einer doppelten Blockade und in einer sehr schwierigen Zeit durchhalten kann? Wie wäre dies möglich gewesen, wenn wir unsere eigene Währung nicht gehabt hätten? Ich kann hinzufügen, daß wir sie um das 7fache aufgewertet haben. Von 1994, als man für einen US-Dollar 150 Peso erhielt, bis 1999, oder besser gesagt Ende 1998,- ca. 5 Jahre, denn man muß 1994 komplett miteinberechnen-, haben wir sie um das 7fache aufgewertet. So kann man heute für 1 US-Dollar nur 20 Peso bekommen. Kein einziges Land hat so etwas geschafft, ich sage es Euch: Keines!

Die Formeln des Währungsfonds, alle Rezepte, die er durchsetzen will, sie wissen es genau. Wo führen sie hin? Zu manchmal enormen Summen als Reserve, um die Währung zu schützen, und trotz alledem können diese Reserven in paar Tagen oder Wochen verschwinden, als Früchte von Ersparnissen und Privatisierungen. Wir haben das innerhalb von Tagen gesehen. Wir haben diese enormen Reserven nicht und brauchen sie auch nicht. Andere haben sie und verlieren sie.

Es gibt ein einziges Land, nur ein einziges auf der Welt, das keine Reserven braucht, weil es die Banknoten, die auf der ganzen Welt im Umlauf sind, druckt - wie wir des öfteren gesagt haben-. Zunächst verwandelte es das Gold an dem Tag in Papier, als es einseitig die freie Konversion seiner Scheine suspendierte, der Tausch des Goldes aus den Reserven gegen das Papiergeld, das sie druckten, das von allen aufgrund seines entsprechenden Goldwertes akzeptiert war, und als es später das Geld in Gold verwandelte, schaffte es das gleiche Wunder, das die Alchimisten seit dem Mittelalter angestrebt haben, d.h., sie drucken ein Papiergeld, das sich im Umlauf befindet, als ob es Gold sei. Ich erkläre das Phänomen auf eine einfache Art und Weise, obwohl die Prozedur komplizierter ist.

Sie verwenden die Gutscheine des Schatzamts und setzen verschiedene Mechanismen ein. Der Sinn ist im wesentlichen, daß solche können sich das leisten können, die das Geld drucken, das auf der Welt umläuft, und die die Geldscheine der Bankreserven aller Länder der Welt drucken. Sie drucken das Papiergeld, kaufen und andere heben das Papiergeld auf- zum großen Teil, natürlich nicht alles. Dementsprechend sind sie diejenigen, die die Reservewährung der Welt drucken. Das ist einer der Gründe für die Entstehung des EURO, sagen wir, um aufgrund dieses Privilegs und dieser Währungsmacht zu überleben. Auf daß kein Spekulant komme, um einem europäischen Land das gleiche anzutun, wie sie mit Großbritannien, Frankreich, Spanien und anderen gemacht haben, deren Währungen sie abwerteten und die sie zu Opfern großer Spekulationsoperationen machten, denn wenn sich ein paar US-amerikanische multimillionenschwere Wölfe treffen, gibt es kein Land, das ihren Spekulationsattacken widerstehen kann.

Das Pfund Sterling, einst Königin der Währungen, - das liegt noch nicht sehr weit zurück - wurde innerhalb weniger Tage in die Knie gezwungen. Dies kann einen Eindruck verschaffen von dem, was ich meine. Und dieses Land, man braucht es kaum zu sagen, sind die Vereinigten Staaten. Es ist das einzige Land, das geschützt ist. Das ist es, was einige verzweifelt zu dem Gedanken führt - in Anbetracht der ständigen Abwertungen, Krisen, Katastrophen und

Kapitalfluchten -, die nationale Währung abzuschaffen und sich den Dollar als nationale Währung, verwaltet von der Federal Reserve der Vereinigten Staaten, zu eigen zu machen.

Hätten wir ein solches System, nur als Beispiel, und wäre unsere Währung der Dollar, und müßten wir, die wir blockiert sind und keinen Zugang zu den Dollars haben, den Bauern ihre Produkte, ob ein Huhn, ein Ei, eine Mango oder 100 Mangos, gegen Dollars abkaufen, könnte dieses Land dann existieren? Unter den hiesigen Bedingungen, nach dem, was wir durchmachen mußten und aufgrunf dessen, was wir daraus gelernt haben, werden wir uns darüber klar, daß wenn wir unseren sehr bescheidenen Peso nicht hätten, den wir - wie ich schon sagte - um das Siebenfache aufgewertet haben, hätten wir ihn überhaupt nicht aufwerten können. Hier hätte man alle Schulen schließen müssen und bis jetzt wurde keine geschlossen; auch die Krankenhäuser hätte man schließen müssen, jedoch wurde noch keines geschlossen. Im Gegenteil, in dieser Spezialperiode haben wir die Anzahl der Ärzte erhöht, vor allem die Ärzte, die in der Gemeinde arbeiten, und auch diejenigen, die in den Krankenhäusern arbeiten, und zwar um rund 30.000 neue Ärzte, und dies trotz unserer großen Wirtschaftsschwierigkeiten und dem Mangel an Ressourcen und öfter auch an Medikamenten, obwohl wir die wichtigsten haben.

Heute wurde in der Zeitung veröffentlicht, daß in einer Provinz in der Mitte des Landes, also nicht in der Hauptstadt, sondern in Villa Clara, die Kindersterblichkeitsrate bei Kindern unter einem Jahr bei 3,9 pro 1000 Lebendgeborenen liegt. Wenn wir zum Beispiel an Washington denken, die Hauptstadt der Vereinigten Staaten, so dürfte dort die Kindersterblichkeit vier oder fünf Mal höher als in Villa Clara sein. Es gibt ein Viertel, die Bronx, das eine Rate von 20 pro 1000 aufweist, und es gibt Orte in den Vereinigten Staaten mit 30 pro 1000.

Die Kindersterblichkeit in Kuba liegt im Landesdurchschnitt mindestens zwei oder drei Punkte unter dem Landesdurchschnitt der Vereinigten Staaten. Dort liegt sie wahrscheinlich bei 10 oder 11, und wir hoffen, sie dieses Jahr auf 7 reduzieren zu können, wobei letztes Jahr die Kindersterblichkeitsrate 7,1 betrug.

Dank der unternommenen Anstrengungen wurde kein Kindergarten geschlossen. Davon könnte man ein Lied singen. Es wurde keine Praxis eines Familienarztes geschlossen. Die Zahl der Arztpraxen ist um mehrere Tausend während der Spezialperiode gewachsen. Und das konnten wir selbstverständlich schaffen, weil es eine Revolution und ein geeintes Volk gibt, sowie eine weit verbreitete politische Kultur, denn wenn man von Kultur spricht, darf man die politische Kultur nicht vergessen. Das ist ein Bereich, dessen Weiterentwicklung wir sehr benötigen und an dem es in der Welt sehr fehlt. Man sollte nicht denken oder sich vorstellen, daß der durchschnittliche US-Amerikaner eine politische Kultur habe oder daß er über eine größere politische Kultur als ein Kubaner oder ein Europäer verfüge. Ich gebe zu, daß die Europäer eine höhere politische Kultur als die Amerikaner haben, jedoch haben die Europäer im allgemeinen keine höhere politische Kultur als die Kubaner, ganz bestimmt nicht. Man könnte sogar ein Wettbewerb zwischen dem europäischen und dem kubanischen Durchschnitt bezüglich politischer Kenntnisse austragen, zwischen Menschen, die aus Tausenden von Gründen nicht entfremdet leben, und anderen, die es leider tun.

In unseren lateinamerikanischen Ländern zwingen uns manchmal die Not und die Armut dazu, die politische Kultur mehr zu entwickeln als in jenen reichen Ländern, die nicht die Nöte haben, unter denen wir leiden müssen. Daher wird auf den in Kuba stattfindenden lateinamerikanischen Lehrerkongressen mit der Beteiligung von Tausenden von Lehrern, ständig vom Neoliberalismus gesprochen, der ihnen das Budget sperrt; und auf den Ärztekongressen werden Horrorgeschichten erzählt, oder auf den Kongressen der Studenten, oder auf Kongressen jeder Art, denn sie erleben das jeden Tag und werden sich dessen bewußt. Selbstverständlich gibt es in Lateinamerika grauenhafte Dinge, die man in Europa längst vergessen hat, wo sie, wie einige erzählen, sogar Subventionen bekommen können, die es ihnen ermöglichen, für 15 Tage ins Ausland in den Urlaub fahren, und das nicht nur einmal im Jahr.

Wo es nichts dergleichen gibt, leiden die Menschen viel mehr. Wir haben einen fruchtbareren Boden, um uns eine politische Kultur erarbeiten zu können. In unserem Fall hat das Land sogar Erfahrungen aus sehr harten Schlachten gegen die Aggressionen des Imperiums und die daraus resultierenden großen Schwierigkeitenn gesammelt, denn auch durch Schwierigkeiten werden die Kämpfer geschmiedet.

Aber aub erdem könnten wir nichts von dem tun, was ich Ihnen sage, wenn wir nicht viele Dienstleistungen und eine nationale Währung hätten, die uns dabei hilft, umzuverteilen. Wenn man sie aber mit dem Dollar vergleicht, kommt man natürlich zu der täuschenden Formel des Kurses des Dollars zum Peso in den Wechselstuben. Wenn der Kurs 20 zu 1 steht, so sagen sie, daß jemand, der ein Gehalt von 300 Peso hat, 15 Dollar verdiene. Wenn dies in New York wäre, müßte man zu den 15 Dollar weitere 1.000 oder 1.500 Dollar des Lohnes für die Mietzahlung hinzufügen, weitere 500 für die Zahlung der ärztlichen Betreuung – damit kämen wir auf 2.000 –, dazu zwischen 500 und 1000 oder auch mehr für die Schuleinschreibung. Es kommt hierbei auf das Schulniveau an, denn es gibt Immatrikulationen an den Universitäten, die 30.000 Dollar im Jahr kosten. Dazu werden 750 Dollar für die Bildung, die die Kinder und Jugendlichen unentgeltlich bekommen, hinzugezählt. So könnte die Gesamtsumme rund 2.750 Dollar ausmachen. Mit den besagten 15 wären das 2.765 Dollar. Alles wirkt sehr täuschend, nicht wahr?

Wenn Sie berücksichtigen, dab alle Kinder in Kuba bis zum siebten Lebensjahr einen Liter Milch für 25 Centavos bekommen, so heib t dies, dab ein Kind oder eine Familie von den vermeintlichen 15 Dollar nur 1,3 Cents für einen Liter Milch zahlt, und so ist es auch im Falle anderer wichtiger Nahrungsmittel. Leider sind diese nicht ausreichend vorhanden, selbstverständlich nicht, aber es gibt eine Reihe von Nahrungsmitteln, die man zu sehr niedrigen Preisen bekommt, wenn man diese in Dollar umrechnet.

In unserem Stadion können Sie ein wichtiges Baseballspiel für 50 Centavo oder maximal einen Peso sehen. Wenn Sie nach Baltimore schauen, dort, wo das Spiel zwischen unserer und der US-amerikanischen Mannschaft stattgefunden hat, so mußte derjenige der 45.000 dort versammelten Zuschauer, der den niedrigsten Preis bezahlte, 10 Dollar ausgeben. Und der höchste Preis lag bei 35 Dollar. Um also ein solches Spektakel hundertmal im Jahr zu sehen, zahlt ein Kubaner maximal 100 Peso, während ein US-Amerikaner 3.500 Dollar entrichten mub . Das gleiche geschieht bei anderen Veranstaltungen und Dienstleistungen. Unser System mit all seinen Besonderheiten könnte dies jedoch nicht schaffen, wenn es keine nationale Währung hätte.

Gut, dies war eine lange Abhandlung über das Problem, das eine nationale Währung in sich birgt, und über die Wahnsinnsideen, auf die diejenigen kommen, die die nationale Währung abschaffen wollen.

Jene, die in Europa über Souveränität sprechen, können nicht das gleiche Konzept darüber haben wie wir. Sie vereinigen sich und übertragen einem supranationalen Staat viele der Befugnisse des Nationalstaates. Die anderen Länder in anderen Teilen der Welt müssen es tun und wir Lateinamerikaner müssen es tun, sonst werden wir keinen Schritt weiter vorankommen, oder besser gesagt, wir werden stattdessen jedes Jahr um mehrere Schritte zurückgehen, wenn wir uns nicht integrieren. Man darf keine Predigt halten, sondern man mub Bewub tsein darüber schaffen, einen Gedanken vermitteln, der grundlegend ist, wenn man sich das anschaut, was in der Welt geschieht.

Es gibt in der Tat jemanden, der uns integrieren will, und zwar ein sehr mächtiger und sehr nahgelegener Nachbar, der uns zweifelsohne in sich integrieren will, um über die natürlichen Ressourcen und die billige Arbeitskraft von Hunderten von Millionen von Lateinamerikanern zu verfügen, damit diese Jeanshosen, Schuhe und T-Shirts produzieren, alles handgefertigte Produkte, die viele Arbeitskräfte verlangen. Die gehen alle dorthin zu den Spitzenindustrien – wie sie sie nennen -, was zu einem fortgesetzten Brain Drain führt. Gerade jetzt wollen sie 200.000 hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte, vorzugsweise Lateinamerikaner, in ihrer elektronischen Industrie einstellen. So nehmen sie dieses hochqualifizierte Personal, die Sie in den Universitäten ausbilden, weg, und zwar diejenigen mit dem gröb ten wissenschaftlichen Talent. Diesen erteilen sie sehr wohl Visa, so daß sie weder Wet Backs noch illegale Einwanderer zu sein brauchen.

Wenn es einen guten Künstler gibt, einen ausgezeichneten Künstler, von dem man kommerziell profitieren kann, nehmen sie ihn weg. Einen großen Schriftsteller wie García Márquez können sie nicht wegnehmen, es könnte höchstens vorkommen, daß García Márquez sie wegnimmt (Beifall), oder daß er ihnen aufgrund des hohen Wertes seiner Werke mindestens einen wesentlichen Teil der gedruckten Geldscheine wegnimmt. Ein guter Schriftsteller kann in seinem eigenen Land arbeiten. Er braucht nicht auszuwandern. Aber bei vielen Gattungen der Kunst ist dies nicht der Fall und so nehmen sie die besten Talente weg, viele, aber natürlich nicht alle. Ein Guayasamín konnte nicht einmal mit dem ganzen Geld gekauft werden, das von der Federal Reserve gedruckt wird. Es gibt Männer, die man mit keinem Geld verführen kann, Männer und Frauen - um nicht als Diskriminierer bezeichnet zu werden, ziehe ich es vor, diese zwei Wörter hinzuzufügen -, und hier haben wir sie. Wir haben sie hier! Ich brauche keine Namen zu erwähnen, aber es gibt Männer und Frauen, die mehr wert sind als das ganze Gold der Erde. Das ist die Realität.

Diese Sachen, die ich Ihnen erläutere, sind Realitäten, die uns dabei helfen, diese Phänomene der Souveränität und diesen Kampf besser zu verstehen, denn es gibt so viele Lügen, so viel Demagogie, so viel Verwirrung und so viel überdachte Methoden, die zur Verbreitung bestimmt sind, daß enorme Anstrengungen erforderlich sind, um eine ständige Aufklärung zu gewährleisten. Wenn man die einen Sachen nicht versteht, können die anderen auch nicht verstanden werden.

Man spricht von einer Kapitalflucht, von flüchtigem Kapital, wie zum Beispiel den kurzfristigen Anleihen, als handele es sich bei diesen um das einzige flüchtige Kapital. In jedem lateinamerikanischen Land fließen plötzlich die flüchtigen Kapitalien ab, aber zusammen mit den flüchtigen Kapitalien fließt auch das ganze von den Sparern des Landes angesparte Geld ab. Denn, während so manche das Geld aus Angst vor einer Abwertung oder etwas ähnlichem mitnehmen, eilen die anderen zur Bank, tauschen es in die US-amerikanische Währung um und überweisen es in die Vereinigten Staaten, wo sie höhere oder niedrigere Zinsraten bekommen, je nach der Situation. Aber das ganze Geld aus Lateinamerika und der Karibik ist an und für sich flüchtiges Kapital, das sollten wir begreifen. Nicht nur die kurzfristigen Anleihen mit hohen Zinsraten, die dann beim kleinsten Risiko schnell von den Eigentümern fortgeschafft werden, sind flüchtiges Kapital. Unser Geld wird flüchtig, mit Ausnahme des kubanischen Geldes denn es gibt keinen Weg, unser Geld flüchtig zu machen. Ah, wenn sie es mitnehmen wollen, meinetwegen. Wir freuen uns darüber. Dies würde den Geldumlauf verringern und den Peso aufwerten.

Nun vereinigen sich die Europäer, stimmt´s? Und zwar, um mit ihrem Konkurrenten in einen Wettbewerb einzutreten. Sie sprechen davon, Partner zu werden, und jener will aber der Partner von niemandem sein. Allenfalls will unser Nachbar der begünstigte Partner sein. Ständig ergreifen sie Maßnahmen gegen Europa: sie verbieten den Europäern aus diesem oder jenem Grund, Käse zu exportieren oder auch Fleischprodukte, weil sie ein bestimmtes Futter einsetzen. Sie lassen sich immer etwas einfallen. Gerade jetzt, im Rahmen der Bananen-Krise und als Folge einer Resolution der keineswegs unparteiischen Welthandelsorganisation, haben sie Europa im Bereich seiner Exporte eine Strafe in Höhe, wenn ich mich richtig erinnern kann, von 500 Millionen Dollar auferlegt. Sie ergreifen jeden Tag Maßnahmen oder sie drohen damit, Maßnahmen zu ergreifen. Mit dieser Waffe fuchteln sie immer herum. Das heißt, daß jedem, der ein bißchen denken kann, klar sein muß, daß Europa einen sehr harten Wettbewerb mit ihnen zu führen hat.

Wir sehen sogar diesem Gipfel der lateinamerikanischen und karibischen Staaten mit der Europäischen Union, den ich vorhin bereits erwähnte, mit Genugtuung entgegen. Er ist gut und nützlich. Meines Erachtens ist er sowohl für Europa als auch für die Karibik und für Lateinamerika nützlich. Und hoffentlich festigt sich der Euro, denn er hat sich jetzt ein wenig abgeschwächt. Er leidet unter den Folgen des abenteuerlichen und völkermörderischen Krieges, um ihn neben der Bezeichnung 'aberteuerlich' bei seinem richtigen Namen zu nennen.

Es ist zweckmäßig, daß es eine andere Reservewährung gibt, damit es zwei und nicht nur eine auf der Welt gibt. Schön wäre es, wenn es drei gäbe. Für uns ist es nützlich, daß es mehrere harte und stabile Währungen gibt.

Ich hoffe, daß wir nach den vielen Wahnsinnstaten, die wir in der Geschichte begangen haben, nicht auch noch zum Schluß kommen, den Dollar als Umlaufwährung dieser Hemisphäre annehmen, der vollkommen von der Federal Reserve der Vereinigten Staaten vollkommen verwaltet werden würde, denn sie werden dort keinen lateinamerikanischen Vertreter zulassen. Denn würden sie in ihr System der Federal Reserve einen Vertreter jedes lateinamerikanischen Landes aufnehmen, so würden sogar wir einen dorthin entsenden, wenn sie das gestatten.

Das ist sicher eine Utopie, keine Frage. Sie werden keinen Vertreter aufnehmen, nicht einmal einen aus den reichsten Ländern, aus jenen Ländern mit der größten Entwicklung und dem höchstem BIP wie Brasilien, Argentinien oder Mexiko, um nur die größten Bruderländer in Lateinamerika zu erwähnen. Sie werden niemals einen Vertreter im System der Ferderal Reserve akzeptieren. Das Schicksal Lateinamerikas und der Karibik ist vielmehr gefährlich, aber es ist überhaupt nicht verloren, es kann noch gekämpft werden.

Das Konzept der Souveränität, bitte verstehen Sie das, meine europäischen Kollegen, kann nicht das Konzept sein, das gestern zum ersten Mal - seitdem Ideen debattiert und Doktrine gegen die Souveränität entwickelt werden - von einem europäischen Vertreter in offener und unverschämter Weise vorgetragen wurde. Im allgemeinen ist Europa sehr verstrickt in diese gegen die Souveränität gerichtete Doktrin, die vom Imperialismus der Supermacht vorangetrieben wird.

So leuchtet es ein, wenn ein europäisches Land, dessen Botschafter in einer nie zuvor dagewesenen Art und Weise vor den Vereinten Nationen sprach, die UNO-Charta und den Grundsatz der Souveränität und der Nichteinmischung, ein grundlegendes Prinzip des Völkerrechts, als anachronistisch bezeichnete. Diejenigen, die sich so ausdrücken, haben im Grunde genommen auf die Souveränität verzichtet und werden in einer immer unmittelbareren Zukunft schlicht eine nationale Autonomie im Rahmen eines surpranationalen Staates mit einem supranationalen Parlament und einer supranationalen Exekutive haben.

Selbst jetzt haben sie als Belohnung für seine glorreichen Kriegstaten und ohne sich an die Toten und an die Millionen zu erinnern, die gelitten haben und für das ganze Leben Spuren tragen werden, das Amt von einer Art von europäischem Außenminister geschaffen, um einen Herren auszuzeichnen, der sich wirklich für etwas hält, was er nicht ist, und der so handelt wie das, was er ist. Ich beziehe mich auf den großen Marschall und NATO-Generalsekretär. Ach! Sie wissen nicht, wen ich meine? Sie haben noch nie von ihm gehört? Er ist Kulturminister in einem europäischen Land gewesen, ja, Javier Solana. Wußten sie nicht, daß er Kulturminister war? Als ich ihn kennenlernte - es war bei einem iberoamerikanischen Gipfel, der in Spanien abgehalten wurde; er hat mich am Flughafen empfangen, sie schickten verschiedene Minister - sprach ich protokollmäßig einige Minuten mit ihm. Damals war er ein friedlicher Minister, der Plakaten hochhielt und aktiv an den Demonstrationen gegen die NATO teilnahm, und heute ist er der Generalsekretär der NATO, ein Feldmarschall - er muß mindestens Feldmarschall sein, um den US-amerikanischen Generälen Befehle erteilen zu können -, und jetzt wird er in eine Art europäischer Außenminister verwandelt.

Einige Kollegen von uns werden von der Presse gefragt: Sind Sie nicht darum besorgt, daß er zum Außenminister Europas ernannt wurde? Eigentlich machen wir uns um nichts Sorgen und wir tauschen auch keine Prinzipien gegen Interessen oder gegen Vorteile. Aber wir könnten darauf antworten, daß wir ihn lieber als Außenminister anstatt als Feldmarschall der NATO hätten. Ich weiß zwar nicht, welche Befugnisse er als Außenminister haben wird, jedoch wissen wir ganz genau, welche er angeblich als Generalsekretär der NATO hat.

Ach, ja! Wir haben hier all die Erklärungen, die er gemacht hat, und zwar die vor dem Krieg und die während des Krieges getätigten Aussagen. Und ich kenne wenige Menschen, die so auf der Doktrin der Gewalt beharren, mit einem so drohenden Stil und mit einer so schonungslosen und harten Ausdrucksweise. Zweifelsohne hat er eine sehr große Verantwortung und die hat er auf sich genommen, als er dem General Clark, dem Chef der NATO-Streitkräfte in Europa, formell den Befehl erteilte, die Bombardierungen zu jener Stunde und an jenem Ort zu beginnen. Dies geschah, nachdem die NATO-Mitglieder ihren Generalsekretär ermächtigt hatten, den Krieg zu beginnen, wenn seiner Ansicht nach die diplomatischen Verfahren erschöpft worden waren. Als Generalsekretär erteilte er die Befehle und gab im Laufe von über 70 Tagen brutaler Bombardierungen fast ständig Erklärungen ab. Alle diese Erklärungen waren drohend, anmaßend und widerrechtlich und fast alle waren zynisch. Und nach der gestrigen Sitzung des Sicherheitsrates kam der letzte seiner angeblichen Befehle: die Einstellung der Bombardierungen. Alles im Rahmen eines großen Theaters.

Wie gehorsam doch die US-Generäle sind! Ein Vorbild an Disziplin, wie es das niemals in der Geschichte gegeben hat. Sie greifen sofort an oder sie stellen die Angriffe sofort ein, weil ihnen ein erlauchter Ex-Kulturminister den Befehl dazu erteilt hat.

Können die Länder der Europäischen Union unter Souveränität das gleiche verstehen wie Mexiko, Kuba, die Dominikanische Republik oder irgendeine kleine karibische Insel, wie ein mittelamerikanisches Land, wie Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru, Brasilien, Argentinien oder wie ein Land Südostasiens, wie Indonesien, Malaysia oder Philippinen? Können sie das gleiche Konzept haben wie die überwiegende Mehrheit der Länder der Welt, die nicht integriert sind?

Wenn wir alle in einem einzigen vereinten Lateinamerika und einer vereinten Karibik integriert sind, wird unser Konzept der Souveränität eine anderes sein. Wir werden viele von diesen Prinzipien aufgeben müssen, um die Gesetze, Verwaltungsanordnungen und Entscheidungen eines supranationalen Staates zu befolgen.

Noch etwas: ein Marxist darf niemals ein engstirniger Chauvinist sein. Er kann ein Patriot sein, was nicht das gleiche ist. Er kann Liebe für sein Vaterland empfinden, was ebenfalls nicht das gleiche ist.

In einer weit zurückliegenden Zeit, fast vor 200 Jahren, gab es Männer, die wie Bolívar von einem vereinten Lateinamerika träumten. Es gab Männer, die wie Martí vor über 100 Jahren von einem vereinten Lateinamerika träumten. Und wenn ich von Lateinamerika spreche, muß man bedenken, daß zu Zeiten von Bolívar, als er seine Träume offenbarte, dieses noch nicht aus unabhängigen Ländern bestand.

Das erste unabhängige Land nach den Vereinigten Staaten war gerade Haiti, das Bolívar bei seinem Kampf um die Unabhängigkeit Lateinamerikas materiell half und diesen auch durch seine Ideen und Anregungen in seiner Überzeugung über die unübergehbare Pflicht festigte, die Sklaverei abzuschaffen, was als Folge der ersten siegreichen Unabhängigkeitsbewegung in Venezuela nicht geschehen war.

In den Vereinigten Staaten gab es - wie Sie wissen - einen Unabhängigkeitskrieg und eine Grundsatzerklärung im Jahre 1776, doch erst nach fast 90 Jahren, nach einem blutigen Krieg, wurde formell die Abschaffung der Sklaverei ausgerufen. Nur, den Sklaven ging es daraufhin oftmals noch schlechter, denn da sie nicht mehr das Eigentum eines Herren waren und nicht zum Kapital eines Besitzers gehörten, verloren diese keinen Cent, wenn ein Ex-Sklave starb. Zuvor verlor der Besitzer beim Tode eines Sklaven das Geld, für das er diesen in der berühmten Versteigerung gekauft hatte. Später ist es den ehemaligen Sklaven praktisch schlechter ergangen. Genauso war es sowohl hier als auch überall anders.

Die Sklaverei als Gesellschaftsordnung wurde in Lateinamerika früher als in den Vereinigten Staaten abgeschafft. Es gab Männer, die davon träumten. Es gab Männer, die im Sinne der Gründung einer vereinten und starken Republik davon träumten, daß jedes unserer gegenwärtigen Länder ihre Ansprüche und ihren Wunsch nach nationaler Unabhängigkeit von sich aus beiseitelegen könnte, ohne auf ihr nationales Empfinden verzichten zu müssen.

Es gab noch nicht einmal unabhänhige Staaten, als Bolívar von einem in einem großen und mächtigen Staat vereinten Lateinamerika träumte. Dieser Traum beruhte auf der Tatsache, daß wir uns wie keine andere Ländergemeinschaft in der Welt ähnlich sind, in erster Linie wegen der Sprache, wegen Ethnien ähnlichen Ursprungs, aufgrund des gleichen religiösen Glaubens und der Kultur im allgemeinen.

Die Religion gehört auch zur Kultur. Wenn wir alle über das Phänomen der Invasion Lateinamerikas durch fundamentalistische Sekten nachdenken - das sind alles bekannte Sachen; wie wir wissen, sind diese Ideen während des kalten Krieges entstanden -, so frage ich mich: Warum diese Invasion, mit der man uns in Tausend Stücke spalten will? Warum dieses Eindringen von Fundamentalisten? Es geht um Hunderte, sogar Tausende, von keineswegs ökumenischen religiösen Strömungen, die sich von den traditionellen christlichen Strömungen mit ihrem immer ökumenischeren Geist unterscheiden.

Als ich zur Schule ging, waren sie keineswegs ökumenisch. Anläßlich des Papstbesuches lobte ich in der Tat in meinen Begrüßungsworten den gegenwärtigen ökumenischen Geist seiner Kirche. Ich erinnerte daran, daß dies in meiner Schulzeit nicht so war, und zwar von der ersten Klasse bis zum Abitur. Diese ganze Zeit besuchte ich katholische Schulen, die zudem in der Regel Internate waren, mit Ausnahme von kleinen Zeiträumen, in denen ich außerhalb wohnte. Seitdem haben sich die Verhältisse zwischen den traditionellen Kirchen sehr verändert.

Ich frage mich jetzt: Warum will man uns mit dieser Invasion von gegen die Einheit gerichteten Sekten zerspalten? Wir können besser verstehen, daß der einheitliche religiöse Glaube in Lateinamerika ein Element der Kultur, Identität und Integration darstellt. Es geht überhaupt nicht darum, daß nur eine Kirche existieren muß, sondern es müssen einheitliche Kirchen, ökumenische Kirchen, sein. Wir müssen diese Faktoren bewahren.

Wir Lateinamerikaner haben viel mehr gemeinsam als die Europäer. Bis vor kurzem haben sie Kriege gegeneinander geführt und dies hat Jahrhunderte lang angehalten. Es gab einen Krieg, den sie den Hundertjährigen Krieg nannten. Es gab jede Art von Kriegen: religiöse, nationale und ethnische Kriege. Diejenigen, die sich ein bißchen mit der Geschichte auskennen, wissen es genau.

Die Europäer haben das überstanden, weil sie sich der Einheit bewußt geworden sind. Es muß gesagt werden, daß die Europäer - ihre Politiker im allgemeinen - sich der Notwendigkeit bewußt geworden sind, sich zu einigen und zu integrieren, und sie arbeiten bereits rund 50 Jahre daran. Wir machen haben praktisch noch nicht einmal begonnen.

Die Uno-Charta und die Grundsätze der Souveränität sind unbedingt notwendig und lebenswichtig für die überwiegende Mehrheit der Völker der Welt, besonders für die kleinsten und schwächsten, die in der gegenwärtigen Etappe der äußerst ungleichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft noch nicht in einer starken supranationalen Einheit integriert sind. Die Vereinigten Staaten, Kapitän und Anführer der Doktrine, die im Rahmen der NATO ausgefochten werden, will die nationalen Souveränitäten bis zu den Fundamenten wegfegen, um sich einfach die Märkte und natürlichen Ressourcen der Dritten Welt, einschließlich diejenigen der ehemaligen Sowjetunion, Aserbeidschans, Usbekistans, Turkmenistans und anderer anzueignen, wobei sie fast schon Eigentümer der großen Ölreserven des kaspischen Meeres geworden sind, um die Rolle eines neuen weltweiten römischen Superimperiums einzunehmen, das selbstverständlich viel weniger dauern wird als das Römische Imperium, und zwar in einem umgekehrt proportionellen Verhältnis zur Größe ihres Ehrgeizes, ihrer Ungeschicklichkeit und zur Größe des universellen Widerstandes, auf den sie treffen werden.

Aber sie bereiten sich auf die Entwicklung, Konsolidierung und Umsetzung des grenzenlosen Imperiums vor. Einige US-amerikanische Analytiker und Schriftsteller aus der gleichen Gruppe Ramonets und er selbst verurteilen die kulturelle Invasion, die beinahe absolute Kontrolle über die Massenmedien und das Kulturmonopol, das sie der Welt auferlegen wollen. Dabei weisen sie nach, daß die eifrigsten Theoretiker des Imperiums die Kultur als die Atombombe des 21. Jahrhunderts ansehen. Man braucht es sich aber nicht viel dokumentieren, um es zu glauben, denn man sieht es ja deutlich an allem, was sie tun und wie sie es tun.

Vorwände des Imperiums? Humanitäre Gründe; die Menschenrechte, was eines ihrer Argumente ist, um die Souveränität abzuschaffen; die internen Konflikte, die mit Bomben und "intelligenten" Raketen zu lösen sind.

Wer sagt das? Wenn wir auf die Geschehnisse der letzten Jahrzehnte in unserer Hemisphäre zurückblicken, wer war der Vater aller Staatsstreiche? Wer trainierte alle Folterer in den modernsten Techniken? Wer war verantwortlich dafür, daß es relativ kleine Länder gibt, in denen über 100.000 Menschen verschwanden und rund 150.000 ums Leben kamen, oder dafür, daß in anderen Nationen Abertausende von Männern und Frauen das gleiche Schicksal erfahren haben? In diesem Fall spreche ich nur von Menschen, die nach scheußlichen Folterungen verschwanden. Wer bildete ihre unheivollen Autoren aus? Wer bewaffnete sie? Wer unterstützte sie? Wie können sie jetzt mit der Geschichte kommen, daß man die nationale Souveränität in Namen der Menschenrechten auslöschen muß?

Vor einigen Jahren töteten sie vier Millionen Vietnamesen. Dabei warfen sie Millionen von Tonnen Sprengstoff über einem 15.000 oder 20.000 Kilometer entfernten Land ab, das über eine lange Zeit grausam bombardiert wurde. Es waren 4 Millionen Tote, ohne die zeitlebens Behinderten zu zählen, und jetzt bitten sie darum, die nationale Souveränität im Namen der Menschenrechte auszulöschen.

Wer hat zum Beispiel die UNITA in Angola bewaffnet, die 20 Jahre lang ganze Dörfer massakriert und Tausende von Angolanern getötet hat? Wir wissen es genau, weil wir dort lange Zeit gewesen sind, um das angolanische Volk beim Kampf gegen die rassistische südafrikanische Aggression zu unterstützen. Sie bringen dort noch immer Personen um. Ihr Lieblingsführer besitzt viele Millionen Dollar auf den Banken. Ich weiß nicht, wer ihm dieses Geld gewaschen hat. Damit kauft er zum Teil Waffen, was besonders angenehm für die Waffenproduzenten ist. Er kontroliert sehr weite und an Diamanten reiche Zonen und besitzt Hunderte Millionen Dollar als persönliches Vermögen.

In derselben Weise hat es auf dieser Welt keine repressive Regierung gegeben, die nicht von ihnen unterstützt worden wäre. Warum konnte die Apartheid über sieben Atomwaffen verfügen? Sie hatten sieben solcher Waffen, als wir dort an der Grenze zu Namibia waren. Ach! Das wußte der Geheimdienst der Vereinigten Staaten, der alles weiß, nicht. Wußte er es nicht? Wie kamen diese Waffen dorthin? Man kann sagen, daß dies eines der Themen ist, die berücksichtigt werden müssen. Und es eine der Fragen, die gestellt werden können, sowie eines der Dinge, das man eines Tages genau wissen wird, wenn einige Dokumente veröffentlicht werden, denn es kommt der Tag, an dem man absolut alles wissen wird.

Man könnte sich sogar fragen, wo diese sieben Atomwaffen geblieben sind, weil diejenigen, die sie herstellten, sagen, daß sie sie zerstörten. Das ist das einzige, was die Vertreter der Apartheid behaupten. Die ANC-Führer wissen es nicht. Niemand hat diese Frage beantwortet. Es bleiben noch viele Fragen, die nie beantwortet worden sind.

Wer hat Mobuto unterstützt? Die Vereinigten Staaten und Europa. Wo sind die Milliarden, die Mobuto aus dem Kongo mitgenommen hat? Auf welcher Bank sind sie? Wer hat ihn geschützt und wer hat sein riesiges Vermögen geerbt?

So könnte ich noch viele weitere Beispiele erwähnen. Wer hat die Aggressionen gegen die arabischen Länder unterstützt? Es waren die Vereinigten Staaten.

Ich bin absolut kein Antisemit, aber wir sind gegenüber den Kriegen gegen die arabischen Länder, den masssiven Vertreibungen und der Diaspora der Palästinenser sowie anderer arabischer Völker sehr kritisch gewesen. Wer hat diese Kriege unterstützt? Es gibt noch viele andere offene und schmutzige Kriege und andere ähnliche Taten, die ich nicht erwähnen werde. Diese Kriege wurden und werden von denjenigen geführt, die die Souveränität oder die Prinzipien der Souveränität aus humanitären Gründen wegfegen wollen. Dies ist natürlich einer der Vorwände, wobei ich mich vor allem auf die Geschehnisse in Afrika beziehe.

Die Afrikaner selbst sind zu Recht besorgt darum, die Probleme des Friedens auf ihrem Kontinent zu lösen. Sie versuchen, sich zu vereinigen, und haben ein starkes Einheitsbewußtsein sowie ihre regionalen Gruppierungen. Sie versuchen, eine Lösung für die Konflikte zu finden. Wer hat aber Afrika jahrhundertelang besetzt und ausgebeutet? Wer hat dort die Armut und die Unterentwicklung aufrechterhalten? Wer hat diese Grenzen festgelegt, die ganze Ethnien trennen, so daß Menschen der gleichen Ethnie auf beiden Seiten dieser Grenzen leben?

Seitdem die Afrikaner sich in unabhängige Staaten aufgegliedert hatten, hoben sie mit viel Klugheit das Prinzip der Unantastbarkeit der vererbten Grenzen hervor, d.h., die Grenzen waren heilig, denn sonst wäre die Zahl der in Afrika ausgelösten Konflikte einfach enorm groß gewesen.

Die Kolonialmächte haben diese Situation geschaffen. Sie sind verantwortlich für die jahrhundertelange Ausbeutung, den Rückstand und die Armut. Oder wollen wir etwa eine rassistische Auslegung der Ursachen der Armut dieser afrikanischen Völker suchen, wenn man weiß, daß auf diesem Kontinent schon hochentwickelte Zivilisationen existierten, als in Berlin, Paris oder anderen Orten des hervorragenden Europas noch Volksstämme vagabundierten? Schon mehr als eintausend Jahre zuvor existierten Zivilisationen in Ägypten, Äthiopien sowie an anderen Orten Afrikas. Die Vereinigten Staaten entstanden 20 Jahrhunderte später. Wo liegt die Ursache für diese Armut, wenn nicht in den kolonialistischen, sklavenhalterischen, neokolonialistischen, kapitalistischen und imperialistischen Systemen, die in den letzten Jahrhunderten auf der Welt herrschten. Warum konnten diese Völker keinen Nutzen aus den Früchten der Wissenschaft und des menschlichen Fortschrittes ziehen? Die einzigen Schuldige daran sind diejenigen, die sie jahrhundertelang ausgebeutet haben.

Es gab eine Zeit, als sie auch China halbkolonisiert und gedemütigt hatten. Man weiß, daß sie im vergangenen Jahrhundert mit Kanonenschüssen die japanischen Häfen dem Welthandel öffneten. Man weiß, daß das britische Reich seine Soldaten zur Eroberung eines Stückes des chinesischen Territoriums schickte und in Koalition mit anderen europäischen Mächten und sogar den Vereinigten Staaten entsandten die Briten Truppen nach Peking. Es kam zum Opiumkrieg und es fanden Invasionen und Kriege statt, um Opium zu verkaufen.

Jetzt wollen sie Invasionen unternehmen, weil in einem Land Mohn angebaut wird, und manchmal handelt es sich nicht um das Land, sondern um eine Anzahl von hungrigen und hoffnungslosen Menschen. Angesichts des enormen Drogenmarktes in den Vereinigten Staaten, der weder von einem lateinamerikanischen Land noch von einem anderen Land der Welt geschaffen wurde, bauen verarmte Nationen Mohn oder Koka für den kolossalen Verbrauch der industrialisierten und reichen Länder an.

Man könnte fragen, wieviele Drogen pro Person in den Vereinigten Staaten und in Europa verbraucht werden. Wahrscheinlich werden dort viel mehr Drogen als in Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay, Mittelamerika, Mexiko und sogar in Kolumbien selbst verbraucht. Der Markt für diese Länder liegt im Norden. Das Vorhandensein einer großen Nachfrage in den USA war das Unglück der Länder, in denen sich der Anbau entwickelte. Das ist wichtig, weil es gestern praktisch das erste Mal war, daß sie versucht haben, diejenige Doktrin öffentlich vorzustellen, die sie gegen die Souveränität entwickelt haben, die sie untereinander und mit den anderen Mitgliedern der NATO diskutiert haben und die sie allmählich und tröpfchenweise angedeutet haben.

Es gibt das, was heutzutage globale Drohungen genannt wird. Das sind Gründe, die eine Intervention völlig rechtfertigen könnten. Davon erwähne ich vier: Die Droge, der Terrorismus und der Besitz von Massenvernichtungswaffen. Dies gilt nicht für sie. Sie können alle Massenvernichtungswaffen besitzen, die sie wollen. Sie können, wie die Vereinigten Staaten, Tausende von Atomwaffen und Raketen besitzen, die sie mit großer Präzision an jeden beliebigen Ort der Welt einsetzen können. Ein riesiges Arsenal von Laboratorien zur Entwicklung biologischer Waffen und Waffen jeder Art. Gegen uns haben sie biologische Waffen eingesetzt. Sie haben untereinander Vereinbarungen zur Beseitigung der chemischen und biologischen Waffen unterzeichnet, aber zur gleichen Zeit entwickeln sie sogar andere noch tödlichere Waffen. Besitzt ein Land der Dritten Welt eine Atomwaffe, kann dies gemäß der erwähnten Doktrin die Ursache für einen blitzartigen Luftangriff und eine Invasion sein. Und was passiert mit all diesen Leuten, die die Atomwaffe besitzen? Es handelt sich um vorbeugende oder bestrafende Kriege, um das Monopol der Atomwaffen und anderer schwer als humanitär zu bezeichnender Massenvernichtungswaffen zu bewahren.

Die massiven Verletzungen der Menschenrechte bilden den vierten Grund.

Bisher waren die Vereinigten Staaten der große Anstifter, der große Pate, der große Erzieher und Vater sowie der Verteidiger von denen, die massive Verletzungen der Menschenrechte und massive Zerstörungen der Infrastruktur und der Wirtschaft eines Landes begangen haben, wie es gerade in Serbien geschehen ist. Es handelt sich um Völkermord mit Bombeneinsatz, um Millionen von Personen ihre lebenswichtigen Einrichtungen und Diensleistungen zu entziehen. Sie waren die Anstifter von völkermordenden Kriegen, wie dem in Vietnam stattgefundenen Krieg.

Ich spreche nicht von der Zeit der Eroberung von mehr als der Hälfte von Mexiko und auch nicht von Hiroshima und Nagasaki, dem terrorristische Experiment über die Wirkungen der Atombombe in Städten, in denen Tausende von Personen wohnten. Ich spreche von Begebenheiten, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen sind. Wer waren ihre Alliierten? Warum hielt sich die Franco-Regierung in Spanien praktisch 30 Jahre nach der Beendigung eines Weltkrieges an der Macht, der sechs blutige Jahre gedauert und rund 50 Millionen Menschenleben gekostet hatte? Wegen der Unterstützung der Vereinigten Staaten, die das Ziel hatte, dort über militärische Stützpunkte zu verfügen. Wer hat zum Beispiel die besonders repressiven Regierungen in einem Land wie Korea unterstützt? Sie waren es. Wer hat in der Wirklichkeit den Massenmord an Ethnien wie zum Beispiel von Chinesen und das Massaker an Kommunisten und Linken aus Indonesien unterstützt? Sie waren es. Wer hat das schreckliche Apartheidregime unterstützt? Sie waren es.

Es gab keine blutrünstige, repressive und die Menschenrechte verletzende Regierung, die nicht ihre Alliierte gewesen war und die nicht von ihnen unterstützt wurde. Um ein nahes Beispiel zu erwähnen: Wer hat Duvalier unterstützt? Bis sie eines Tages Haiti besetzten, um ihn aus humanitären Gründen zu stürzen.

Merken Sie es? Es geht um die Entwicklung einer ganzen Philosophie mit dem Ziel, die UNO-Charta und die Prinzipien der nationalen Souveränität zu wegzufegen. Die Doktrin läßt sich in drei Interventionskategorien unterteilen: humanitäre Interventionen aufgrund von internen Konflikten, Interventionen wegen globalen Drohungen, die wir schon erwähnt haben, und Interventionen aufgrund von externen Konflikten. Dazu kommt die sehr konfuse US-amerikanische Auffassung der "Diplomatie unter dem Schutz der Gewalt". Das heißt zum Beispiel, daß falls Kolumbien nicht die schwierige Schlacht zur Lösung der internen Konflikte gewinnen kann und wenn es nicht den Frieden erreichen kann, um den viele -darunter Kuba- kämpfen, dann kann dies Ursache einer Intervention sein. Schafft Kolumbien es nicht, den Drogenanbau zu stoppen, kann dies gleichfalls zu einer bewaffneten Intervention führen.

Ich habe versucht, präzise Informationen hinsichtlich der Drogen in Kolumbien, ihres Umfanges und der Anzahl von Hektar Land, auf dem Koka angebaut wird, zu sammeln. Einige Personen haben mir gegenüber geäußert, daß es ungefähr 80 000 Hektar Land gibt, das ausschließlich mit Koka bebaut ist. Diese Flächen sind größer geworden. Es wurde mir auch gesagt, daß bis zu einer Million Personen bei der Ernte und dem Anbau von Koka arbeiten.

Ich habe nach dem Kaffee gefragt und es wurde mir folgendes gesagt: Es gibt Probleme, weil das Gehalt eines Kaffeepflückers 10 oder 12 Dollar betragen kann, während der Arbeiter, der die Kokablättler einsammelt, die Plantage reinigt oder ähnliche Aktivitäten durchführt, fünf- oder sechsmal mehr verdient. Das einzige, was ich bisher nicht weiß, ist, ob Düngemittel bei diesem Anbau eingesetzt werden. Es scheint, daß sie wild wächst. Vielleicht entwickelt sie eine Art von eigenen Düngemittel unter bestimmten Wetterbedingungen. Es kann sein, daß sie die Eigenschaften des Marabú besitzt. Der Marabú ist sehr schädlich für die Landwirtschaft. Er ist einfach schrecklich, hat viele Stacheln und verbreitet sich wie die Pest. Er dient nicht als Futter für die Tiere, aber er ist eine Hülsenfrucht. Niemand braucht ihn zu düngen und seine Nahrung erfolgt durch den Stickstoff, der aus den nodularen Bakterien seiner Wurzeln kommt. Es scheint, daß etwas ähnliches bei der Koka passiert.

Stellen Sie sich vor, wie die Lage eines Landes aussehen kann, in dem eine Million Personen in ländlichen Gebieten beim Kokaanbau 50, 60 oder 70 Dollar während der selben Arbeitszeit verdienen können, in der man bei anderen Anbauen maximal 10 Dollar erlangt? Während der Erntezeit -die Koka wird dreimal im Jahr geerntet - besteht die Arbeit aus dem Einsammeln von Blättchen.

Ich habe unendlich geforscht, bin fast ein Experte geworden und habe viele Fragen gestellt. Sagen Sie mir, erzählen Sie mir: Sind alle Plantagen klein? Es wird mir gesagt: "Nein, es gibt Latifundien von Hunderten von Hektar und Plantagen von Tausenden von Hektar". Ich habe gefragt: Welch ein Einkommen bezieht zum Beispiel jemand, der einen mit Koka bebauten Hektar Land hat? Es ist er, der am wenigsten verdient. Der andere, der die Grundpaste vorbereitet, verdient mehr, genauso wie der nächste, der sie raffiniert und vor allen diejenigen, die sie vermarkten. Vor dieser Phase beziehen ein Haufen von Luftfahrt-, Transport- und andere Unternehmen hohe Einnahmen. Ein solches Übel dringt in eine Gesellschaft ein und wird in jedem Sinn zu einer Tragödie, denn durch all dies wird die Gefahr vervielfacht, daß zudem der Komsum im Land wächst.

Wir selbst kämpfen dagegen. Sie sagten, daß der Tourismus die Kultur und nationale Identität nicht beeinträchtigen dürfe. Er kann zum Beispiel die Gesundheit gefährden, wenn die Prostitution begünstigt wird.

Als ich über den Dollar sprach, sagte ich, daß diese Währung hier im Umlauf ist. Die Maßnahmen, die wir treffen mußten, machten diesen Umlauf notwendig. Aber das ist ein Dollar, der nicht flüchtet und sich nicht verflüchtigt. Das ist etwas anderes und es entspricht einer geschichtlichen Epoche. Es ist ein Dollar, der hier im Umlauf ist und der jeden Tag weniger Wert hat, und zwar so, daß wir zur Zeit nicht so sehr daran interessiert sind, seinen Wert herabzusetzen. Wir sind eher daran interessiert, je nachdem über welche Mittel wir verfügen können, die Gehälter in Peso zu erhöhen, ohne daß er seinen jetzigen Tauschwert gegenüber dem Dollar verliert.

Es ist toll, wenn man kein Mitglied des Internationalen Währungsfonds ist!

Aber es ist eine Tatsache, daß der Dollarumlauf neben der freien Ein- und Ausreise vieler Besucher den Handel und den Anbau von Drogen stimulieren kann, weswegen wir wachsam bleiben müssen.

Zum Problem in Kolumbien sagte mir jemand: "Ein Hektar Koka kann Erträge in Höhe von 4.000 Dollar einbringen". Dazu fragte ich: Was würde geschehen, wenn dieser Hektar Land mit Mais auf einem regnerischen und tropischen Flachgebiet bebaut wird. Sie wissen, daß das Flachland in Kolumbien kein Maisanbaugebiet ist. Das Maisanbaugebiet liegt nördlicher, in Richtung der Vereinigten Staaten, in der Mitte der Vereinigten Staaten und auch in Richtung Europa, obwohl der Mais aus dieser Hemisphäre kommt. Baut man dort einen Hektar Mais ohne Dünger oder sonstige Mittel an, wäre es einfach viel, wenn ein Bauer eine Tonne Mais pro Hektar erwirtschaften würde, das versichere ich Ihnen. Eine Tonne Mais kostet auf dem Weltmarkt ungefähr 100 bis 150 Dollar. In Argentinien und an anderen Orten hat der Exportpreis 90 Dollar erreicht. Wir selbst importieren es und wissen, was jedes dieser Getreide kostet.

Ich spreche nicht gleich von Weizen, den man nicht aussäen kann, sondern davon, Mais zum Beispiel für die Selbstversorgung oder für die Vermarktung auszusäen. Wieviel bezahlen sie ihm für seine Tonne, damit der Zwischenhändler später auf dem Markt verkaufen kann? Denn wenn die Zollschranken beseitigt werden, können die im Ausland hergestellten Körner frei eingeführt werden. Die USA versuchen dies in den Handelsabkommen mit Lateinamerika zu erreichen.

Der Kolumbianer verbraucht in diesem Fall den US-amerikanischen Mais, weil dieser billiger als der kolumbianische Mais hergestellt wird. Sie bringen sechs, sieben oder mehr Tonnen ein, da der Anbau sehr mechanisiert ist. Sie produzieren den Mais billiger als die Franzosen. Die Franzosen müssen sich um den nordamerikanischen Mais Sorgen machen, da dieser in Frankreich billiger verkauft wird als die Kosten für die Produktion von einer Tonne Mais in Frankreich. Deshalb werden die landwirtschaftlichen Fragen zu großen Hindernissen für die Freihandelsabkommen.

Die Yankees berechnen: "Ich werde dir so schnell wie möglich einige industrielle Vorteile gewähren. Dafür werde ich dir eine unbestimmte Anzahl von Jahren Zeit geben, damit du die Tarife der Maiskörner absenken kannst, bis die Einfuhr eines Tages frei ist". Wir wissen genau, was passieren wird: sie werden ohne Maisanbau bleiben und eines Tages wird der Mais sehr teuer, und in dem Maße, in dem der Preis steigt, werden sie keinen anderen Mais als diesen haben.

Aber wieviel wird unserer Landwirt verdienen, der einen Hektar Koka für einen Hektar Mais tauscht? Anstelle von 4.000 Dollar wird er das verdienen, was ihm ein Vermittler oder eine der Vermittlerketten für seinen Mais dort bezahlt. Es können 60 oder 100 Dollar sein. Wo sind also die Möglichkeiten von Ersatzanbauten?.

Sie haben schon eine Drogenkultur geschaffen und Millionen von Personen mit ihrem gefräßigen Markt und mit ihrer Geldwäsche entfremdet, da es die US-amerikanischen Banken waren, die die überwiegende Mehrheit der aus dem Drogenhandel stammenden Gelder gewaschen haben. Sie waren nicht nur ein Markt, sondern in der Praxis Finanziers, Geldwäscher der Drogengewinne. Außerdem möchten sie kein Geld ausgeben, um den Koka- oder Mohnanbau tatsächlich zu beseitigen, obwohl sie Milliarden Dollar in Unterdrückungsmethoden investieren.

Ich bin der Meinung, daß man eine theoretische Lösung finden kann. Ach! Aber das kostet Milliarden von Dollars, wenn diese Mittel rationell eingesetzt werden. Was werden sie mit den Menschen machen, die im großem Maße vom Anbau leben, werden sie sie vernichten?. Sie selbst kommen und überfallen jenes Land, weil eine "globale Bedrohung" vorhanden sei und weil das Drogenproblem nicht mit einfachen Unterdrückungsmaßnahmen kontrolliert werden kann. Selbstverständlich, das Land zu überfallen würde eine Verrücktheit sein, da die Soldaten, die gewohnt sind, während der Einsätze Coca-Cola zu trinken, zu jeder Zeit kaltes Wasser zu haben und Eis der besten Qualität zu genießen, unter der Hitze des Urwaldes des kolumbianischen Flachlandes leiden würden. Nein, nein, nein, man weiß, wie es in Vietnam war, und sie gewöhnen sich immer mehr an alle Arten von Luxus und Behaglichkeit.

Die Stechmücken und die Hitze können fast allein mit ihnen aufräumen, und niemand stellt sich die Katastrophe vor, die geschehen kann, wenn sie eines Tages intervenieren, um die Drogen zu beseitigen. Dort würde es sich nicht um diesen Krieg der Angriffe mit B2-Bombern und um ähnliche Sachen handeln, weil man die Kokafelder mit Laserbomben, mit intelligenten Raketen und mit Flugzeugen nicht bekämpfen kann. Dort muß man auf dem Landweg eingreifen, sowohl zur Vernichtung der irregulären Kräfte im Dschungel als auch für die Zerstörung der Felder. Da sie den Guerillakampf als Terrorismus, Aufstand und großes Risiko, was in der Praxis globale Bedrohungen darstellen, haben wir hier ein Land mit zwei Ursachen, die Vorwände für eine Intervention liefern könnten -ich erwähne zwei Kategorien- interne Konflikte und Drogen. Zwei Ursachen einer Intervention, gemäß den Theorien, die sie anzuwenden versuchen.

Würde der interne Konflikt durch eine Invasion oder eine Bombardierung Kolumbiens gelöst?. Ich frage mich folgendes: ¿Könnte die NATO dieses Problem lösen, und zwar gerade jetzt, da sie das Recht festgelegt hat, außerhalb ihrer Grenzen zu agieren?. Das vereinbarten sie im Prinzip während der Feier des 50. Jubiläums. Und ausgehend davon könnten sie sich eine Reihe von Fällen vorstellen. Kann jemand sich vorstellen, daß dies die Lösung sein kann?

Und ich weiß aus Umfragen, daß wegen der Verzweiflung angesichts der Gewalt und den Problemen des Landes die Anzahl der Personen in Kolumbien nicht gering ist, die sich auf Befragen einverstanden erklären, daß das Problem der Gewalt durch eine Intervention von ausländischen Streitkräften gelöst werde, wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Eine bemerkenswerte Anzahl, die beachtet werden muß.

Selbstverständlich darf man die patriotische Kampftradition des kolumbianischen Volkes nicht vergessen. Ich bin überzeugt davon, daß eine solche Verrücktheit, wie sie sie in Serbien gemacht haben, in Kolumbien eine Katastrophe nach sich ziehen würde, es wäre eine Verrücktheit. Aber da sie verrückt sind, kann niemand eine Sicherheit haben, wenn sich die Sicherheit nicht auf internationalem Recht, den Prinzipien der Achtung der Souveränität und der Charta der Vereinten Nationen grübdet. Und es kann eine Entscheidung auf eigene Faust der bis an die Zähne bewaffneten Mafia sein, was etwas ist, in das sich die NATO verwandelt hat.

Wir anderen Länder haben keine Sicherheit. Keine! Und es existiert das Risiko von Verrücktheiten, die Millionen Menschenleben kosten können. Ich bin überzeugt davon, daß zum Beispiel eine Invasion in Kolumbien, die Anwendung dieser Doktrin in Kolumbien, Millionen Tote verursachen würde, denn es ist ein Land, wo es viel Gewalt gibt und wo jedes Jahr 30.000 Personen als Folge von Gewalt sterben. Das sind Zahlen, die ziemlich weit über dem lateinamerikanischen Durchschnitt der Todesfälle durch Gewalt liegen.

Wird also die Invasion der Nato-Truppen das Problem lösen? Um dann später zu sagen - wie Solana -: "Es wurden die diplomatischen und friedlichen Möglichkeiten ausgeschöpft".

Als Lateinamerikaner müssen wir versuchen, mit Kolumbien zusammenzuarbeiten, mit dem Land (Beifall). Es geht darum, dem Land zu helfen, damit es einen gerechten Frieden erlangen kann, einen Frieden, der selbstverständlich alle begünstigt.

Nach meiner Meinung gibt es so komplizierte und schwierige Formeln, daß ich sie als utopisch bezeichne, weil es dort nicht einen Krieg, sondern drei oder vier Kriege gibt. Es gibt wichtige Guerillastreitkräfte, die Ziele von politischem Charakter verfolgen, aber sie sind in zwei Organisationen getrennt, von denen jede auf ihre eigene Rechnung kämpft; es gibt paramilitärische Kräfte im Dienst der Großgrundbesitzer, die sehr repressiv sind, Streitkräfte der Drogenbauern mit Leuten, die zum Beispiel bewaffnet sind, um auf die Hubschrauber, die Schädlingsbekämpfungsmittel versprühen, zu schießen.

Tatsächlich ist es eine komplizierte Situation in Kolumbien. Ich zitiere den Fall, wobei ich an die Theorien, auf die ich mich bezogen habe, und an die möglichen Folgen, denke.

Lassen Sie uns helfen!. Sagen wir nie, daß die diplomatischen und friedlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Diskutieren und wieder diskutieren. Es begann ein Friedensprozeß in dieser komplizierten Situation. Venezuela möchte zusammenarbeiten. Wir arbeiten im Rahmen unserer Möglichkeiten zusammen, genauso wie andere Länder, aber für die internen Probleme von Kolumbien gibt es keine andere als eine politische und friedliche Lösung. Das ist sehr klar für mich. Helfen wir den Lateinamerikanern, die Lösungen zu finden.

Wenn wir eines Tages eine Föderation der lateinamerikanischen Nationen, eine Einheit, schaffen und viele von den Attributen unserer Souveränität überlassen, und wenn die interne Ordnung das Vorrecht unseres supranationalen Staates und nicht das einer ausländischen Supermacht ist, die mit uns nicht zu tun hat ( Beifall) oder des mächtigen Europas, mit dem wir Freundschafts-, Handels-, Wissenschafts-und Technologiebeziehungen entwickeln möchten, das aber absolut nichts mit den internen Ordnungsproblemen unserer Länder zu tun hat, dann würden wir sicherlich fähig sein, diese Probleme politisch und ohne Bombardierungen, Zerstörung und Blutvergießen zu lösen. Wir haben nicht es nötig, daß jemand dies an unserer Stelle erledigt.

Warum werden die Prinzipien der UNO zertrümmert? Nun könnte ich Beispiele nennen. Es käme mir die Idee, die Frage zu stellen, wie die NATO-Doktrin zum Beispiel in Rußland angewandt würde, wenn ein Konflikt wie der in Tscheschenien entstünde, oder einige andere, die aufgrund dessen entstehen können, daß dieser Staat aus zahlreichen unterschiedlichen etnische Gruppen, die auch verschiedenen Glaubensrichtungen anhängen, gegründet ist, oder weil es einen inneren Konflikt zwischen den slawischen Russen selbst entsteht, weil einige Kommunisten und andere Liberale oder Neoliberale sind, oder irgendwelche zwischen diesen beiden Positionen befindliche Denkweise annehmen. Was dann? Wird man in Rußland einmarschieren? Wird man einen Atomkrieg entfesseln?

Rußland war eine Supermacht. Es gab früher zwei Supermächte und heutzutage sind es eine Supermacht und eine Macht. Worin besteht der Unterschied? Daß die Macht die Supermacht drei oder vier Mal und die Supermacht die Macht zwölf oder vierzehn Mal zerstören kann. Das heißt, es bleiben einige Male übrig, aber mit einem Mal reicht es aus. Können solche Theorien gegenwärtig angewandt werden?

Es hat im Sicherheitsrat heftige Diskussionen gegeben und dieses Organ verabschiedete einen Resolutionsentwurf, und wenn Sie wirklich Geduld haben, hätte ich Ihnen noch einige interessante Dinge zu erzählen; ich möchte aber die Frage der Doktrin, die entwickelt werden, abschließen, weshalb ich die vorherige Frage stelle.

Ich stelle eine andere Frage: Wenn ein Konflikt in Indien entsteht, der ein Grenzkonflikt sein kann, zur Zeit fallen dort im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Indien Schüsse, sogar von Artillieriegeschützen, kann man vielleicht die Doktrin dort anwenden, wo es über 100 Millionen Pakistaner und außerdem auf der anderen Seite ca. 1 Milliarde Inder mit vielen unterschiedlichen Ethnien gibt? Kann man vielleicht eine solch blödsinnige Theorie in Ländern anwenden, die zudem Atomwaffen besitzen? Ich weiß nicht, ob es 50, 100 oder 20 sind, aber nur 20 wäre schon eine kolossale Zahl und das Ganze verwandelt sich in einen Atomkrieg. Wieviele würden bei der Anwendung dieses US-amerikanischen und unerklärbarerweise auch europäischen Rezepts ums Leben kommen? Totaler Wahnsinn!

Ich gehe ein bißchen weiter: Und wenn der Konflikt in China stattfindet, wo es unterschiedliche Ethnien gibt, in einem Land mit einer Bevölkerung von 1.25 Milliarden Einwohnern, einer außerordentlichen Kriegserfahrung, Tapferkeit und Kampfkraft? Wie selbstverständlich alle Völker, aber sie waren gezwungen, sich mit vielen Aggressionen und Schwierigkeiten auseinanderzusetzen.

Wir erinnern uns sogar daran, als sich die MacArthur-Truppen während des Koreakrieges der chinesischen Grenze näherten und manche schon über einen Angriff auf die andere Seite der Grenze redeten, wie eine Million chinesische Kämpfer die Grenze überschritten und bis an die gegenwärtige Grenzlinie vorrückten, eine Million! Natürlich konnte die Zahl der tödlichen Verluste - ich bin nicht der Exaktheit verpflichtet - bis zu 200.000 chinesische Kämpfer betragen. Die Vereinigten Staaten besaßen schon alle Arten von Bombern und alle Arten von Waffen, und diese Menschenmasse konnte nicht aufgehalten werden und sie hätten es auch mit Atomwaffen nicht schaffen können.

Wie wird die Doktrin in China angewandt, das ständig mit Menschenrechtskampagnen angegriffen wird, wie es auch mit unserem Land gemacht wird? Dort sind einige Probleme von gewisser Bedeutung entstanden, die die westliche Propaganda sehr stark ausgenutzt hat. Aber stellen sie sich mal vor, was für eine Desorientierung von jenen Jungen ausgegangen wäre, die die Freiheitsstatue als Symbol genommen hatten, welche sich am Eingang der Bucht von New York befindet. Es mußte eine Entfremdung in großem Umfang gegeben haben, um das als Symbol zu wählen, was sich in das durch die Heuchelei und die Gefräßigkeit eines Imperiums befleckte Symbol verwandelt hat, das überall jede Idee von Gerechtigkeit und der wirklichen Freiheit der Menschen erstickt und beleidigt. Es fällt auf, daß dies in einem Volk mit einer jahrhundertealten Kultur und mit einer viel gefestigteren Identität als irgendeiner der unseren geschehen ist, das integrierter und das in der Sprache, in der Kultur, in den Traditionen und in weiteren Dingen sehr viel weiter vom Westen entfernt ist. Es handelt sich nicht um ein Land wie unser Land, das so viele Zutaten der westlichen Gewohnheiten und Kultur hat, sondern um das so oft erniedrigte Land, wo eine außerordentliche gesellschaftliche Revolution die jahrhundertelange Hungersnot ausrottete und das es in kaum 50 Jahre zu dem Prestige gebracht hat, das es heute genießt, und zu dem eindrucksvollen Stellenwert, den es heute auf der Welt einnimmt.

Wie müßten sie das Problem lösen? Wenn sie dies wollen, können die Imperialisten und ihre Alliierten jedes Ereignis als massive Verletzung der Menschenrechte erklären, das in denjenigen Gebieten China geschieht, die zum Zankapfel geworden sind. Es werden zum Beispiel der Tibet mit seiner buddhistischen Religion und bestimmte im Nordosten lebende moslemische Minderheiten zitiert. Wir verfolgen sehr aufmerksam die Nachrichten über die ständigen Angriffe des Westens gegen China. Sie können sich einfallen lassen, daß jedes interne politische Problem eine massive Verletzung der Menschenrechte ist. Sie geben sich sogar die größte Mühe, um dieses Problem zu verursachen, wobei sie von erbärmlichen propagandistischen Zielen und dem dummen Versuch bewegt werden, das mit China zu machen, was sie mit der UdSSR getan haben. Sie fürchten schlichtweg diese große Nation.

Natürlich sind die Chinesen weise Politiker - nicht umsonst wird von der chinesischen Weisheit geredet - und sie begehen so leicht keine Irrtümer, die kein ernsthaftes und fähiges Team von Führungskräften begeht. Sie marschieren in kein Land ein, um es an sich zu reißen. Sie sind im Gegenteil in den Fragen sehr eifrig, die ihre inneren Angelegenheiten betreffen. Sie richten sich streng nach dem Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Länder. Lange Jahre schon reklamieren sie die Wiedereingliederung Taiwans in das chinesischen Territorium, aber sie sind in der Lage, mit Ruhe 100 Jahre lang darauf zu warten. Dies ist eine Mentalität der jahrhundertelangen Geduld. Sie sprechen über das, was sie in 50 oder 100 Jahren vor haben, als ob es morgen oder übermorgen wäre.

Jedes dieser Probleme kann zu einem Vorwand werden, um B-2-Bomber, Raketen jeden Typs und Laserbomben zu schicken. Einige der Grundsätze ihrer absurden und hochmütigen Doktrin könnten als Vorwand einer Aggression gegen China dienen. Ist das, was sie verkünden, nicht ein Wahnsinn? Jetzt rede ich nicht mehr über Kolumbien, sondern ich spreche über China und über Rußland oder Indien, oder über den Konflikt zwischen Pakistan und Indien. Wollen wir mal sehen, ob die NATO und ihr Marschall, ihr Chef, oder ihr Marschall Generalsekretär, wirklich in Stimmung sind, mit einem "humanitären Einsatz" den Konflikt in Kaschmir zu lösen.

Ich stelle die Fragen: Wozu diese Doktrin? Warum muß man an solche Methoden denken? An wem wird man sie anwenden? Nur an den kleinsten Ländern, die keine Atomwaffen besitzen, am Rest der Welt, wo irgendeines derjenigen Problem vorhanden sein kann, die ständig auftauchen.

Rezepte, selbstverständlich, daß in unserem Fall - falls irgendjemand denkt, daß wir uns Sorgen machen über das, was uns geschehen kann - na ja, ohne Aufgeblasenheit oder Ruhmsucht, in unserem Land, das so harte Proben bestanden hat, das Piratenlied wiederholt werden kann: Und wenn ich sterbe/ was ist schon das Leben?/ ich hatte es schon als verloren aufgegeben/ als ich mich vom Sklavenjoch/ wie ein tapferer Held befreite.

Ich erinnere mich noch an einige derjenigen Verse, die unter den 100 besten Gedichten der kastillischen Sprache waren. Die sind hier zur Zeit ganz selten zu finden. Damals besaßen wir aber keine literarischen Werke, und ich kam auf die Idee, diese Gedichte fast auswendig zu lernen, mir ist zumindest eine Idee davon geblieben.

Wir kubanischen Revolutionäre können sagen: Wenn wir sterben, was ist schon das Leben?, und wir kubanischen Revolutionäre sind viele. Wir wissen, daß keiner der wirklichen Revolutionäre und der wirklichen Führungskräfte der kubanischen Revolution zögern würde, sein Leben zu opfern, wenn unser Land das Ziel von solch einer Aggression wäre (Beifall).

Ich sage noch etwas mehr, weil wir alle ihrer Technologien und Taktiken viel analysierten und es keinen dieser winzigen Kriege, oder Kriege, oder Riesenkriege, oder keine dieser kriminellen und feigen Bombardierungen gibt, die wir nicht sorfältig studiert hätten. Abgesehen davon, daß sie so leicht keinen Vorwand bekommen.

Jeden Tag provozieren und erfinden sie etwas anderes gegen Kuba, indem sie Konflikte im Inneren unseres Landes zu verursachen versuchen. Sie investieren enorme Anstrengungen, um bei uns jegliche inneren Konflikte hervorzurufen, die ihre grausamen Verbrechen wie diejenigen rechtfertigen, die sie gerade gegen das serbische Volk begangen haben.

Bei uns spielen die verantwortungslosen Menschen, die sich mittels eines Lohnes der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in den Dienst der USA stellen, wirklich mit heiligen Dingen und mit dem Leben unseres Volkes, und darüber müssen sie sich bewußt sein. Das Imperium sehnt sich mit seiner Blockade, seiner Propaganda und seinem Geld nach der Sammlung von genügend Kraft, um innere Konflikte zu schüren, wobei es weiß, daß keine Form existiert, um Kuba zu bezwingen. Es handelt sich nicht um familiäre Geldsendungen, sondern um Geld der Regierung der Vereinigten Staaten, das wurde dort öffentlich und in ihren eigenen Gesetzen oder Gesetzesänderungen zugegeben. Neulich erklärten sie, daß jeder US-Amerikaner einem Kubaner Geld überweisen kann, womit sie praktisch erklärt haben, daß jeder US-Amerikaner einen Kubaner kaufen soll. Donnerwetter, habe ich mir gesagt, wir steigen im Preis an (Lachen), weil ein Kubaner auf 27 US-Amerikaner kommt.

Sie genehmigen familiäre Geldsendungen, aber nur in Höhe von nicht über 300 Dollar alle drei Monate. Wir sind das einzige Land der Welt, das einer solchen Beschränkung unterworfen ist. Nein, sie erhöhen die genehmigte Begrenzung nicht um einen Cent, und das im Fall von Personen kubanischer Herkunft, die ihren Familien Geldsendungen schicken wollen. Sie laden im Gegenteil US-Amerikaner ein, irgendeinem Kubaner Geldsendungen zu schicken, sie werden ihn wohl durch das Telefonbuch suchen, ich weiß nicht, und jeglichen Grüppchen und Gruppierung. Sie haben es erklärt und gesetzlich geregelt, Geld senden, und zwar in ihrem Bestreben, uns Konflikte zu bereiten. Das ist schwerwiegend, das ist schwerwiegend!

In ihrem Übermut und in ihrem Übermachtstreben finden sie sich nicht damit ab, daß Kuba widersteht, und es ist schwer für sie, sich mit dieser Idee abzufinden. Sie würden uns gerne von der Erdfläche verschwinden lassen, wie sie es mit Serbien versucht haben. Es ist nur so, daß hier ein Unterschied besteht. Nein, es besteht kein Unterschied. Ich werde nicht im geringsten das Heldentum und die Tapferkeit des serbischen Volkes in Frage stellen. Nein, ich werde es nicht im geringsten in Frage stellen. Es gibt kein tapfereres Land in Vergleich zu einem anderen. Es sind die Überzeugungen und bestimmte moralische Werte, die den Mensch tapfer machen (Beifall). Manchmal kann es sogar eine religiöse Überzeugung sein, die ihn zum Märtyrertod führt, oder eine politische Überzeugung, der man mit religiösem Eifer dient.

Unsere Ärzte, die sich zum Beispiel an sehr entlegenen Orten einiger Länder des Kontinents oder im Nachbarland Haiti befinden, wohin, wie ich heute gelesen habe, einige Journalisten gereist sind, um das Volk und die Familien der Ärzte über die von ihnen verrichtete Arbeit zu informieren, legen in den entlegensten Ortschaften ein heldenhaftes Verhalten und eine Missionarsmoral von wirklichen Priestern der menschlichen Gesundheit, von Pastoren im Dienst des Lebens, ja, aufgrund ihrer inneren Werte, an den Tag. Viele dieser Ärzte sind Frauen - manche haben Kinder, die hier sind - und arbeiten in tiefverborgenen Ortschaften, wo man manchmal drei Tage benötigt, um über sumpfige Wege anzukommen.

Es gibt einige die bestreiten - oder vielmehr Beunruhigung erwecken -, einige Leute, die Beunruhigung unter den Ärzten in einem dieser Bruderländer erweckten, indem sie den Titel unserer Ärzte in Frage gestellt haben. Ah!, nein, wir schicken auf Antrag sofort den Lebenslauf jedes dieser Ärzte, die von ihm während des Abiturs und des Universitätsstudiums erlangten Zensuren, die Fächer, die er bestanden hat, die chirurgischen Operationen, die er durchgeführt hat und die von ihm geretteten Leben. Ah! Es wäre etwas Wunderbares, die Personalakte von jedem von ihnen schicken zu dürfen.

Unsere Ärzte sind dort mit Bescheidenheit, Fleiß und aufgrund von Regierungsvereinbarungen. Sie befinden sich nicht auf unsere Rechnung dort, und wenn irgendwelche Regierung uns sagt, daß es nicht zweckmäßig ist, daß sie im Land weilen, oder daß sie ihnen politische Schwierigkeiten bereiten, ziehen wir sofort unsere Ärzte zurück. So ist es. Aber die von ihnen verrichtete Arbeit ist Missionarsarbeit, Märtyrerarbeit, die Arbeit von wirklichen Helden. Wir kennen sie sehr wohl, weil wir über das, was sie tun, informiert werden, und wir unterhalten uns sehr viel, wenn einer kommt, der für die Führung ihrer Tätigkeit verantwortlich ist. Sie legen ihre inneren Werte an den Tag.

Wir können mit Genugtuung sagen, daß wenn 10.000 Ärzte in Lateinamerika für ein Gesundheitsprogramm erforderlich sind, das die Weltgesundheitsorganisation entwickelt, oder Europa, wenn es das wünscht, oder sogar unsere Nachbarn aus dem Norden, um die Schulden mit ihrem eigenen Gewissen ein wenig zu begleichen, und wenn sie in der Lage wären, mit Medikamenten einen Beitrag zu leisten, dann können wir die Ärzte schicken. Wir haben auch Ärzte im nördlichen Teil von Schwarzafrika, die dort kostenlos in einem anspruchsvollen Gesundheitsprogramm arbeiten.

Und wenn dieses Land -ich muß es noch einmal wiederholen- jeden dritten Arzt zu solchen Einsätzen schicken sollte, erfüllen die zwei restlichen ihre Aufgaben und das Gesundheitswesens in unserem Land wird nicht beeinträchtigt.

Und wenn wir jeden dritten Arzt schicken würden, blieben wir immer noch das Land mit den höchsten Pro Kopf-Anteil an Ärzten von allen Ländern der Welt, mehr als das industrialisierte Europa, mehr als Schweden, mehr als Dänemark, natürlich mehr als die Vereinigten Staaten, Kanada und weitere ruhmreiche industrialisierte Länder. Ja, auch ein armes und blockiertes Land kann Dinge tun, das ist bewiesen worden. Und den höchsten Anteil an Lehrern sowie möglicherweise pro Kopf mehr Kunstausbilder als jedes andere Land.

Ich behaupte es auch für den Bereich des Sports, da wir über ca. 30.000 Lehrer für Körperkultur und Sport verfügen, von denen die Mehrheit ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, so daß es ihnen nicht nur gelingt, einen Muskel zu tasten, sondern sie wissen auch, welcher Muskel es ist, eben wegen ihres Hochschulbildungsniveaus.

Wir haben aber auch einen anderen kleinen Pro Kopf-Verdienst, nämlich die bei den Olympiaden größte erreichte Zahl von Goldmedaillen pro Kopf, die wir weiterhin erhalten werden, auch wenn die anderen sich professionalisieren, denn wir haben gerade gezeigt, daß sich unser bescheidene Amateur-Sport mit großartigen Profimannschaften messen kann. Es ist klar, daß ein kleines und armes Land auch Dinge vollbringen kann. Sie irren sich, wenn sie es unterschätzen.

Eigentlich gibt es vieles, - und ich sage es nicht, weil wir über uns Propaganda machen wollen. Im Gegenteil, wir bevorzugen, über unsere Fehler und unsere Schwäche zu reden - also, wenn wir die Unverschämtheit, die Demagogie, die Lüge und die Verleumdungen gegen Kuba sehen, dann bleibt uns kein anderer Weg übrig, als über einige der von uns vollbrachten Dinge zu sprechen. Alles andere ist eine Dummheit, also uns angesichts der von uns hier vollbrachten Dinge zu rühmen; im Gegenteil, was wir können, ist, uns stark zu kritisieren, weil wir nicht mehr und Besseres getan haben. So ist es. Ich sage es ganz offen. Und ich glaube, daß einer der Gründe dafür, weshalb die Revolution überleben und widerstehen konnte, die ewige Unzufriedenheit ist, die wir Führungskräfte empfinden. Wir streben danach und träumen davon, daß sie diese Unzufriedenheit auch in der Zukunft weiter empfinden, und selbstverständlich haben wir großes Vertrauen in unser Volk.

Ich sagte ihnen, daß wenn sie auf eine solche Verrücktheit mit uns kommen, sie nicht nur Leuten begegnen wie denjenigen, von denen ich ihnen erzählte, sondern auch Leuten mit einer soliden politischen Kultur, die wichtige und heilige Werte zu verteidigen haben. Man hat diesen Kampf während vieler Jahre geführt, und doch kann ich ihnen sagen, daß es mit uns keine Waffenruhe gibt, keine Waffenruhe! (Beifall), und daß die für diese Revolution verantwortlichen Menschen solche sind, die lieber sterben, als dem Imperium in einem einzigem Prinzip nachzugeben. (Beifall)

Bevor wir, die Menschen, die für die Führung unseres Volkes im Krieg und im Frieden und bei jeglicher Aufgabe verantwortlich sind, auch nur auf ein Atom unserer Souveränität verzichten, sind wir Menschen, die eine Kapitulation nicht überleben würden. Wir sind Menschen, die dem sehr verpflichtet sind, was wir ein Leben lang getan haben, und weil wir es sehr tief empfinden und von Überzeugungen und Werten ausgehen, sind wir bereit, uns sogar den Bomben auszusetzen, anstatt zu kapitulieren.

Es ist nicht schwierig, bei einem derartigen Abenteuer zu sterben. Welch einen größeren Ruhm kann es geben! Damit würden wir wenigstens anderen ein Beispiel geben. Und das jugoslawische Volk hat es gegeben. Es widerstand fast 80 Tage lang den unglaubigsten Bombenangriffen, und zwar ohne zu schwanken. Da wir dort unsere diplomatischen Vertreter haben, wissen wir, was der Geist des Volkes war.

Ich kritisiere bei weitem niemanden und respektiere die von irgendeiner Regierung getroffenen Entscheidung. Ich bemerke, daß es sehr schwierig ist, unter bestimmten Umständen Entscheidungen zu treffen. Doch es wird für uns überhaupt nicht schwierig sein, denn dies ist schon seit langen ein gelöstes Problem. Ich möchte noch etwas sagen: Wenn sie das tun, dann werden sie einfach geschlagen werden. Auch wenn sie einen Massenmord begingen, denn sie sind in ihrer Fähigkeit, Verbrecher zu sein, und in ihrer Fähigkeit zu töten, begrenzt. Und ich bin davon überzeugt, daß wenn die Aggressoren jene Bombenangriffe noch um weitere 15 oder 20 Tage hätten verlängern müssen, hätte die Weltöffentlichkeit und Europa dies nicht akzeptiert. Die Unzufriedenheit war bereits einige Tage vor dem Moment wachsend -irgendwo habe ich eine ganze Menge von Artikeln darüber-, als Jugoslawien die berühmte Friedensformel aufgezwungen wurde.

Selbstverständlich gebe es keinen, der sie uns aufzwingen könnte, denn seit langer Zeit sind wir hier ganz alleine, und zwar in der Nähe der größten Macht aller Zeiten. Also, wer könnte uns sie aufzwingen?

Nein, wir brauchen auch nicht irgendeinen Vermittler. Über die Ehre wird nicht verhandelt!, Über die Heimat wird nicht verhandelt!, Über die Würde wird nicht verhandelt!, Über die Unabhängigkeit, die Souveränität, die Geschichte und den Ruhm wird nicht verhandelt! (anhaltender Beifall).

Mit uns braucht man nicht über die Einstellung der Bombenangriffe zu verhandeln. Ich sage es schon im voraus, wenn sie damit eines Tages beginnen würden, müßten sie noch 100 Jahre lang damit weitermachen, falls sie einen kleinen Krieg per Luft führen wollten, oder mit dem Abwerfen der Bomben aufhören, weil solange einige Kämpfer auf diesem Land noch am Leben wären, müßten sie eine kleine Bodentruppe einmarschieren lassen. Ich möchte mal wissen, was geschehen würde, wenn sie es täten.

Wie gesagt, wir begehen ja keine Dummheit, die ihnen als Vorwand dient. Schauen Sie mal, wie geduldig wir mit diesem Marinestützpunkt gewesen sind. Es ist ein Stückchen des kubanischen Bodens und wir haben alle Rechte auf seine Rückgabe. Und die Leute haben eine ziemlich radikale Haltung gehabt. Wir nicht, wir sind geduldig. Wir sagten: Nein, es ist viel wichtiger, daß sich zuerst die Welt befreit, als dieses kleine geliebte Stück Boden, auf das man nicht verzichten kann. Doch sie hätten wohl gemocht, daß wir eine starke Nationalbewegung auslösten, mit der wir die Marinebasis züruckforderten, womit sie einen leichten Anlaß gehabt hätten, Abenteuer zu unternehmen, die US-amerikanische und die Weltöffentlichkeit zu betrügen und zu behaupten, daß wir sie angegriffen haben.

Bevor ich Schluß mache, möchte ich einiges diesbezüglich erzählen. Doch sie haben niemals die geringste Möglichkeit gehabt, zu sagen, daß Kuba aggressiv und feindlich gegenüber dem dort eingesetzten US-amerikanischen Militärpersonal gewesen sei.

Was können sie von uns im bezug auf humanitäre Fragen sagen? Daß wir keinen Analphabeten haben, kein einziges Kind ohne Schule, keinen einzigen Kranken ohne medizinische Betreuung. Hier gibt es keinen Bettler. Es gibt unverantwortliche Familien, die manchmal die Kinder zum Betteln schicken. Das kann auch mit dem Fremdenverkehr verbunden sein, und es schadet, wenn nicht unserer Identität, dann wenigstens unserer Würde. Hier gibt es keine vernachlässigte Person auf der Straße.

Was können sie sagen? Daß wir über Massen von hervorragenden Ärzten verfügen, auf die ich mich bereits bezogen habe. Was können sie sagen? Daß wir jährlich Hunderttausenden in unserer Hemisphäre und in Afrika das Leben retten können.

Was haben wir den Haitianern gesagt? Wir schlagen ihnen ein Programm vor, mit dem sie jährlich ca. 30.000 Personen, davon 25.000 Kinder, das Leben retten können.

Was haben wir den Mittelamerikanern vorgeschlagen? Ein Programm, mit dem sie so vielen Personen jährlich das Leben retten könnten, wie die Zahl derjenigen, die ihr Leben durch das Hurrikan verloren haben, wenn es wirklich 30.000 gewesen wären, die starben. Diese Zahl hat sich dann nach und nach reduziert, da viele von denen, die für vermißt gehalten wurden, wieder erschienen. Jedes Jahr können, wie gesagt, so viele Personen wie die Zahl der während des Hurrikans ums Leben gekommenen Menschen gerettet werden, wenn es sich um die höchste bekanntgegebene Zahl handelt, und das war eine konservative Zahl. Tatsächlich waren wir im Rahmen dieses Programms bereit, die benötigten Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, und baten darum, daß irgendein Industrieland die Medikamente bereitstellte. Warum verwenden alle diejenigen, die so viele Milliarden für Bomben und Völkermord ausgeben, nicht ein wenig Geld, um Menschenleben zu retten?

Ich habe ihnen schon mal erzählt, wie wir schändlicher Taten bezichtigt werden, und ich habe einiges erwähnt. Ich sagte es ihnen, und sage es nochmal hier: In diesem Land gibt es keine einzige gefolterte Person, keine einzige Ermordung aus politischen Gründen, keinen einzigen Verschwundenen! Und es sind schon 40 Jahre seit dem Sieg der Revolution vergangen, trotz aller Verschwörungen und trotz aller von ihnen unternommenen Bemühungen, uns zu spalten und die Revolution zu stürzen. Sie sind auf die eiserne Einheit, den genügend großen Patriotismus und die politische Kultur unseres Volkes geprallt, und das unter sehr schwierigen Umständen.

Ich bin ganz sicher, daß es sehr wenige Völker gibt, die wie wir fast 10 Jahre lang widerstehen können, und zwar nach dem Verlust aller unserer Märkte, unserer Versorgungsquellen und bei einer Verschärfung der Blockade. Sie haben uns unterschätzt.

Auch wenn sie so eine der erwähnten Verrücktheiten unternehmen würden, würden sie uns unterschätzen, und ich glaube nicht, daß sie uns wirklich so sehr unterschätzen. Verstehen Sie? Ich sage nichts weiter. Also, wir sagen es nicht wegen uns. Wir verteidigen das Recht anderer Völker, die nicht unsere Möglichkeiten haben und auch nicht unsere Geschlossenheit und unsere Fähigkeit, zu kämpfen, also all das, was ein ganzes organisiertes und vorbereitetes Volk ausmacht.

Ich sagte es Ihnen bereits, ohne Dramatik irgendeiner Art, daß wir nicht viele dieser Spezialisten dieser Art brauchen, die während dieses Krieges in Jugoslawien als Vermittler auftauchten. Sie können kommen, um anzukündigen, daß sie zur Einstellung der Bombardierungen, zum Rückzug der Truppen oder zur Beendigung jeder Feindseligkeit übergehen. Es gibt noch keine Waffe, die fähig ist, den Menschen zu besiegen! Das ist etwas, was wir zu behaupten wagen. Und diese ekelhaften und feigen Kriege, ohne ein einziges Leben zu riskieren, schüchtern uns nicht ein. Was sie in uns hervorrufen, ist Ekel und Widerwille. Sie machen uns damit noch sozialistischer und revolutionärer. So ist es. (Beifall).

Ich sagte euch kürzlich, daß in den Vereinten Nationen eine wichtige Schlacht geschlagen wurde. Hier ist die berühmte Resolution. Sie sind unverbesserliche Betrüger, mittelmäßige und unfähige Politiker. Ich habe mehrere Papiere mitgebracht, aber ich werde nur einige unterstrichene Dinge zitieren.

Na ja, hier ist das Abkommen, das verabschiedet wurde, die Resolutionsvorlage. Wer schlägt sie vor? Deutschland, ein NATO-Land; Kanada, ein NATO-Land; die USA, ein führendes Land und Chef der NATO. Die Russen zählen zu denjenigen, die sie auch vorschlagen, da sie mit den G8-Staaten Vorvereinbarungen getroffen hatten. Allerdings war ihre Rede dort kritisch. Frankreich, ein NATO-Land; Italien, ein NATO-Land; Niederlande, ein NATO-Land; Großbritanien und Nordirland, ein NATO-Land. Ich fing an, zu rechnen, und sah sieben NATO-Länder unter den 12, die die Vorlage vor dem Sicherheitsrat eingebrachten, sieben Länder, die an der Aggression teilnahmen.

Außerdem, na ja, Gabun, ein neokoloniales französisches Herrschaftsgebiet; Slowenien, eine Ex-Republik Jugoslawiens, die erste, die einseitig und ohne Rechtsformalitäten, ermutigt durch Deutschland und Österreich, ihre Unabhängigkeit erklärte, wobei sie Verfassungsnormen mißachtete, die bei der Gründung der jugoslawischen Föderation festgesetzt wurden, und die das Recht auf Abtrennung und zudem das Verfahren dazu anerkannte. Ja, es ist unbestreitbar, daß es eine vorherige Arbeit gab, dies war die Zeit der Desintegrationen.

Es gibt eine der Republiken, die sich verfassungsgemäß durch eine Volksabstimmung trennt, diese war Mazedonien; aber Slowenien erklärt am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit. In Europa gab es Zögern über das, was zu tun war. Später erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Kroatiens - zwei Entwurzelungen ohne jegliche Verfassungsformalitäten -, die, wie unsere Botschafter bei den Vereinten Nationen sagte, von mehreren europäischen Ländern gefördert und danach einstimmig durch den Westen unterstützt wurde.

Das ist wichtig, denn zur Zeit der Gründung dieses Landes, des heroischen Jugoslawiens, das die Truppen Hitlers aufhielt, lebte die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien in Frieden, trotz der jahrhundertlangen nationalen, ethnischen, kulturellen und religiösen Kämpfe. Dies war das Schlachtfeld, dieses Gebiet Jugoslawiens, zwischen dem Osmanischen Reich und dem Österreichisch- Ungarischen Imperium. Es ist bekannt, daß die Osmanen bis in die Nähe Wiens gelangten. Das ist eine bekannte Geschichte.

Wir haben viel Information über all diese Vorgeschichten herausgefunden, und die sogenannten ethnischen Kriege, die in den 90er Jahren ausgelöst wurden, haben in der Tat ihre Verantwortlichen, die sicherlich unbewußt dabei geholfen haben - ich schreibe das nicht einer vorgeplanten und zynischen Konzeption zu, aber doch einer unverantwortlichen Handlung -, die Zersplitterung Jugoslawiens auszulösen, und die Sache begann, wie gesagt, am 25. Juni 1991 in Slowenien. Die Teilrepubliken erklären sich ohne weitere Formalitäten unabhängig, und ihre Führungsfiguren übernehmen den Oberbefehl der Truppen, die zu jeder Teilrepublik gehörten, denn jede Teilrepublik hatte ihre Selbstverteidungstruppen. Es waren ungefähr 40.000 Mann. Aus einer Nachbarrepublik, Kroatien, gingen etwa 2.000 Mann nach Slowenien, soweit ich verstanden habe, Jugendliche, Rekruten, und es gab praktisch keine Gefechte. Es gab nur Druckausübungen dieser Art.

Das Übel begann sich zu verbreiten und eine andere Teilrepublik, Kroatien, macht es auch. Bereits in diesem Fall kommt es zu gewaltsamen Konflikten.

Was geschieht? Diese Republiken hätten vollkommen den Verfassungsformalitäten folgen können. Zu dieser Zeit war Jugoslawien nicht einmal mehr ein sozialistisches Land, es war ein Land, das alle kapitalistischen und marktspezifischen Normen festgesetzt hatte. Es war nicht das ehemalige Jugoslawien der Tito-Ära und eines späteren Zeitraums, sondern ein kapitalistisches Land, sogar mit dem gewöhnlicherweise vom Westen empfohlenen Mehrparteiensystem.

In Fall Sloweniens kommt hinzu, daß sein Bruttoinlandsprodukt des Jahres 1981 - das heißt, 10 Jahre vor den erwähnten Geschehnissen - fünfmal größer als das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf des restlichen Jugoslawiens war, so daß es das Bestehen anderer ärmerer Republiken als Last empfand und sich zu einer größeren ökonomischen Integration in den Westen ermutigt fühlte. Es gab diejenigen, die es unterstützten; es gab diejenigen - wie gesagt -, die den Slowenen in dieser Zeit Waffen lieferten, und zwar sogar bevor sie sich unabhängig erklärten. Und das wird von einer der Führungspersönlichkeiten anerkannt. In einem Programm des Fernsehens von Ljubljana am 21. Juni 1996, das besonders dem fünften Jahrestag der Unabhängigkeit gewidmet war, gab der Präsident Kucan zu, daß "Slowenien sich bereits vor 1990 bewaffnete, weil es einen Krieg voraussah." Im selben Interview fügte der slowenische Präsident hinzu: "Die Europäische Union spielte eine große Rolle beim Ermöglichen der Auflösung Jugoslawiens."

Das ist historisch, ich will niemanden beleidigen und ich habe keine Absicht, jemanden zu verletzen. Ich halte mich an historische Ereignisse und Angaben, die wir sorgfältig herausgesucht haben, abgesehen von einigen Informationen, die wir bereits hatten, als dieser Konflikt entbrannte.

Es war also unverantwortlich und wirklich kriminell, die Desintegration dieses Landes zu fördern und zu unterstützen, das das Wunder vollbrachte, während 45 Jahren in Frieden zu leben.

Es gab mehrere Faktoren, hier gab es ökonomische und nationalistische Faktoren, die Einfluß ausübten. Aber es gab viele Leute in Europa, die die möglichen Folgen verstanden. Ich habe mich mit europäischen Führungspersönlichkeiten und europäischen Politikern unterhalten, die verstanden, daß das sehr riskant war. Trotzdem erkannten eines Tages zwei Länder, eben Österreich und Deutschland, Slowenien und Kroatien an und unmittelbar darauf sah sich der Rest Europas zur Anerkennung gezwungen, und von da an begannen die schon bekannten Konflikte.

Im Kosovo gab es Schwierigkeiten, denn es bestand eine starke nationalistische Bewegung, die Kosovo-Albaner oder Albaner-Kosovaren waren bereits eine breite Mehrheit und viele Serben waren sogar nach Serbien ausgewandert, denn sie fühlten sich unsicher, ich erinnere mich daran, dies war noch zu Lebzeiten Titos. Aber 1974 wurde die Verfassung überarbeitet und sie gaben dem Kosovo die Autonomie. In der Tat habe ich diese Verfassung noch nicht gelesen. Gerade von dieser Zone stammten die Serben ab und dort gibt es viele von ihnen hoch geschätzte historische Orte, wobei einige von diesen Orten unter den Bombardierungen litten, aber ich weiß nicht, ob diese Verfassung - die ich versuche zu besorgen -, die der Provinz Kosovo die Autonomie erteilte, das Recht auf die Trennung gestattete, wie es die Teilrepubliken hatten. Der Kosovo wurde nicht zur Teilrepublik erklärt, sondern zur autonomen Provinz, und ich nehme an, daß die Provinz dieses Recht nicht anerkannt hätte und daß es in jedem Fall einen Prozeß gegeben hätte wie denjenigen, den Mazedonien benutzte.

Das, was 1991 begann, ist bis heute so weitergegangen und niemand weiß, wann es endet. Es gab Kriege aller Art, die blutig waren, und zwar beiderseits, das ist unbestreitbar die Wahrheit, so wie ich es sehe.

Nun, anstatt damit zu beginnen, diese Länder wieder in Ordnung zu bringen, wäre es besser gewesen, sie nicht in Unordnung gebracht und desorganisiert zu haben. Selbstverständlich waren die Lebensniveaus ungleich, die von Mazedonien und Slowenien waren sehr unterschiedlich. Aber sie hatten jene Verfassung, kraft derer die Sozialistische Föderative Republik gegründet wurde - sie trug den Namen 'sozialistisch', und mehr oder weniger nach der Perestroika und all diesen Dingen nahmen sie ihr sogar den Name weg, das ist klar. Der gegenwärtige Name ist heute Föderative Republik Jugoslawien, das, was bleibt, heißt so, denn was blieb, war Serbien und Montenegro, weil Kosovo gar keine Teilrepublik war; das ist, was bleibt, und es heißt Föderative Republik Jugoslawien, ist es so? Hier habe ich Papiere, aber ich wollte den genauen Namen nicht so viel nachsuchen. Hier steht es, und sogar in der Resolution des Sicherheitsrates: Föderative Republik Jugoslawien, der Zusatz 'sozialistisch' ist seit langem verschwunden.

Die Regierung kann sich sozialistisch nennen, denn Sie wissen, daß es viele Regierungen gibt, in denen sozialistische Parteien vertreten sind, aber die Länder sind nicht sozialistisch. Es gibt sozialistische Parteien in vielen Orten, und in der Regierung, aber das bedeutet nicht, daß das Land sozialistisch ist, oder daß es wirklich vorhat, sozialistisch zu sein. Sie sind Länder des freien Untenehmertums, des Neoliberalismus und des reinen Kapitalismus.

Unsere Position geht von Prinzipien aus, und zwar von Prinzipien sowohl in bezug auf die Serben als auch in bezug auf die Kosovaren, wir verteidigen ihr Recht auf die Autonomie. Wir sagten sogar, daß wir nicht nur das Recht auf ihre Kultur, ihren religiösen Glauben, ihre nationalen Gefühle und Rechte respektieren, sondern daß wir die Kosovaren aller Ethnien und die restlichen Serben, wenn sie eines Tages, an dem man einen gleichen, gerechten und nicht vom Ausland durch einen Krieg aufgezwungenen Frieden erreicht, entscheiden, sich friedlich und demokratisch zu trennen, dabei unterstützen.

Man weiß nicht, was mit Montenegro passieren wird. Inmitten des Krieges verhielt sich Montenegro so gut wie möglich, für den Geschmack der NATO, es hat kritisiert und opponiert, weswegen die Bombenquote wohl niedriger war als die Quote der Bomben, die über Serbien abgeworfen wurden. Ich habe viele von den Aggressoren an Montenegro gerichtete Botschaften gelesen, damit es sich abtrennt, und während des Krieges wurde ihm ein abweichender Sonderumgang zuteil. Alle Bomben waren für Serbien bestimmt.

Wenn man in der Vereinbarung der G8-Staaten von wesentlicher Autonomie für die Kosovaren spricht, kann man fragen: Schließt dies die Art Autonomie ein, die Mazedonien hatte? Ich weiß es nicht, wir wissen es nicht, aber gut, in diesem Fall würde ein friedlicher Weg für die Unabhängigkeit bestehen. Es gibt viele Aspekte, über die sich Serben und Kosovaren einigen können. Es ist unbestreitbar, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Kosovo nicht serbisch ist, die Serben stellen eine Minderheit dar, und es ist jetzt, nach diesem abscheulichen Krieg, gut möglich, daß sich die serbischen Zivilisten im Gefolge der serbischen Truppen zurückziehen.

Wir wissen und haben Nachrichten darüber erhalten, daß sie ihre Tote ausgruben, weil sie die Gewohnheit haben, mit den sterblichen Überreste ihrer Vorfahren auszuwandern, das ist sicher.

Ich weiß nicht, was sie machen werden, es werden gerade Nachrichten ausgestreut, damit es jetzt zu keiner Massenauswanderung kommt und keine Gewalt gegen die dort wohnhaften Serben auftritt. Das sind Gefahren, die es in diesem Moment gibt. Aber, wer erklärt sich schuldig für alle diese Faktoren, die das entschieden haben, was zu dieser Situation und zu allen ethnischen Konflikten führte, wenn es gleichzeitig viele gibt, die den Sieg beanspruchen? Sie bezeichnen ein entsetzliches Verbrechen als Sieg. Ein Sieg, für den sie sich eigentlich schämen sollten, denn vom moralischen Gesichtspunkt aus, wenn man über Sieg und Niederlage spricht, sind die moralisch Besiegten diejenigen, die einen feigen Krieg führten und 23.000 Bomben über Serbien abgeworfen haben, und zwar von den modernsten, zerstörerischsten und technologisch fortgeschrittensten. Sehen Sie welch ein Sieg.

Unser UN-Botschafter schätzte, daß das Bruttoinlandsprodukt der NATO-Länder eintausendeinhundertdreizehnmal das Bruttoinlandsprodukt Serbiens ausmacht, und daß die Länder, die zu diesem Militärbündnis gehören, über dreiundvierzigmal mehr reguläre Truppen verfügen. Aber die regulären Truppen zählen gar nichts in einem Luftkrieg wie diesem, der dort geführt wurde, so daß der Unterschied die Spanne von null ins Unendliche ausmachte. Bomber, die aus den USA kamen, konnten ohne die geringste Gefahr die Bomben aus weiter Entfernung abwerfen. In Wirklichkeit wurde ein 80tägiger Krieg geführt, bei dem 23.000 Bomben über einem Land abgeworfen wurden und die Angreifer keinen einzigen Verlust im Gefecht hatten. Das ist etwas, das sich zum ersten Mal in der Geschichte ereignete.

Man muß zu diesem Krieg sagen, auf den niemand stolz sein kann, daß er ein feiger Krieg war, der feigste aller Kriege, die jemals geführt worden sind. Der angebliche Sieg ist moralisch ein Pyrrhussieg und es war ein völkermordender Krieg.

Warum ist er völkermordend? Was ist der Völkermord? Der Versuch, eine Bevölkerung zu vernichten: entweder ergibst du dich oder ich vernichte dich. Bis wann sollten die Bombardierungen dauern? Sie sagten, bis zum Oktober oder November, das waren leere Worte, denn wir kannten sehr gut die Meinungen vieler europäischer Führungspersönlichkeiten. Und es gibt viele veröffentlichte Artikel über die zunehmende Unzufriedenheit und Oposition in Europa und sogar in den USA gegen die Bombardierungen, und eine noch stärkere Opposition gegen die Beteiligung von Bodentruppen. Meines Erachtens war die NATO bereits nicht mehr in der Lage, mit diesen Bombardierungen viel länger weiterzumachen, denn weder Europa noch die Welt tolerierten dies. Die NATO löst sich auf, wenn sie weiter darauf besteht.

Wir sagten Ihnen, daß wir drei Genossen mit einem Handy da haben, die tagsüber und nachts, vormittags und nachmittags, unter Bomben und Alarmsirenen und ohne Strom arbeiteten. Wir fragten sie immer nach der Stimmung und dem Gefühl der Bevölkerung. Die Brücken waren mit Menschenmengen bedeckt, dorthin kamen Männer, Frauen und Kinder, damit die Brücken nicht zerstört würden, wie zum Beispiel die letzte Brücke, die sie in Belgrad hatten. Alle Brücken wurden angegriffen und es gab Momente, in denen vor allem das ganze Stromversorgungsystem angegriffen wurde. Fast alle Kraftwerke wurden zerstört, wobei Millionen von Menschen ohne Strom blieben. Stellen Sie sich die Lage in einem Haus vor, wenn man etwas zum Kochen hat. Womit kocht man, wenn es keinen Brennstoff, keinen Strom und kein Wasser gibt? Alle diese Elektropumpensysteme funktionieren durch Elektromotoren. Nehmen Sie ihnen den Strom weg und es wird kein Wasser in den Städten geben. Zerstören Sie alle Brücken und die Städte werden gar keine Versorgung erhalten.

Aber wenn zum Beispiel die Stromversorgung ausfällt, fallen auch jede Menge von grundlegenden Serviceleistungen aus. Stellen Sie sich die Lage in den Intensivstationen ohne Strom und Wasser vor, die Krankenhäuser ohne Strom und Wasser, die Schulen ohne Strom und Wasser, die Wohnungen, die medizinischen und bildungsspezifische Dienstleistungen, alle Dienstleistungen, alles wird unterbrochen. So wurde eine Art Krieg geführt, der nicht gegen die Militärs gerichtet ist, sondern gegen die Zivilbevölkerung.

Damals fiel Solana, dem Marschall, ein, eine feierliche Erklärung abzugeben, die lautete, daß "die Kraftwerke absolut militärische Ziele waren". Man darf nicht so willkürlich mit den Wörtern, mit den Ideen und den Begriffen umgehen, um einen Völkermord zu rechtfertigen. Alle lebenswichtigen Einrichtungen wurden angegriffen, die wichtigsten Arbeitsstellen sind zerstört worden und eine halbe Million serbische Arbeiter verloren ihre Arbeitsplätze. Jetzt weiß man nicht, wie viele es in Zukunft sein werden. Es wurden Krankenhäuser, Schulen, Botschaften, Gefängnisse und Gruppen von Kosovo-Flüchtlingen angegriffen. Man sagte, es wären fehlgeleitete Bomben gewesen.

Ich erinnere mich, daß ich eine Nachricht eines Generals der Britischen Luftstreitkräfte las, in der er nach 15 oder 20 Tagen der Bombardierungen sagte: "Na ja, bis jetzt haben wir die Piloten noch sehr zurückgehalten. Ab jetzt wird einfach jedes Flugzeug hinausfliegen, um ein Ziel zu jagen." Sie fliegen hinaus, um ein Ziel zu jagen, wobei sie sowohl auf eine Gruppe von Kosovo-Flüchtlingen trafen, die sie angriffen, weil sie dachten, daß diese eine serbische Truppe sei oder ich weiß nicht was, als auch auf ein Gefängnis, das sie angriffen, wobei sie 87 Menschen in dieser Anlage umbrachten, oder auf Entbindungskrankenhäuser und Kinderkrankenhäuser, es gibt jede Menge Tatsachen solcher Art. Und selbst wenn man annimmt, daß es eine fehlgeleitete Bombe geben könnte, kann die Zerstörung aller Brücken und des ganzen Stromversorgungssystems niemals das Produkt eines Fehlers sein.

Was wäre geschehen, wenn die Serben weiterhin Widerstand geleistet hätten? Bis wann hätten sie diese Barbarei verlängern können?

Im Sicherheitsrat vereinbaren sie einen Resolutionsentwurf: von den 12 Ländern, die ihn vorlegen, gehören sieben zur NATO, ein anderes Land ist eine Neokolonie von einem der sieben NATO-Mitglieder, die die Resolution vorlegen, ein anderes hat 1991 die Desintegration Jugoslawiens auslöst, und man zählt auch Japan, ein zur G7 gehörendes Land - und dieser Entwurf stammt von den G7-Staaten -, die Russische Föderation, die an der G7- Versammlung plus Rußland teilnimmt, die ein Friedensabkommen vereinbarte und die Gesandten nach Belgrad schickte, um den Plan vorzustellen, und schließlich die Ukraine, die slawisch und von Rußland getrennt ist, obwohl sie normale Beziehungen mit Rußland und sehr gute Beziehungen mit der NATO pflegt. Das sind die 12 Länder, die den Resolutionsentwurf vor dem Sicherheitsrat vorlegen, ausgegangen in diesem Fall von den genannten G8-Staaten.

Das heißt, man sieht hier klar, was passierte, in genauer chronologischer Ordnung.

Der Marschall Solana befiehlt den Angriff und die disziplinierten US-amerikanischen Generäle, die die Operation leiten, beginnen mit den Attacken in der Nacht des 24. März. Sie waren total sicher, daß die Angriffe nur drei Tage dauern würden. Sehen sie, welche Schwätzer, unvorsichtige und schlechte Rechner und unverantwortliche Personen sind sie: Sie rechneten mit drei Tagen Bombardierungen und Serbien würde unmittelbar darauf aufgeben. Der vierte Tag verging, der fünfte, der sechste, der siebente...

Wir haben einige interessante Dokumente, die vielleicht eines Tages veröffentlicht werden, von verschiedenen Botschaften, in verschiedene Richtungen, in denen die Rolle eines Propheten gespielt wird, und alles kam so, genauso wie wir das vorgesehen haben, ausgegangen von einer grundlegenden Rechnung dessen, was sich ereignen würde, da wir die Tradition der Jugoslawen kannten: sie kämpften gegen 40 Divisionen Hitlers, und Jugoslawien war unter den Ländern, die an diesem Krieg teilnahmen, das Land, das den höchsten Prozensatz von Toten im Verhältnis zu seiner Gesamtbevölkerung zu beklagen hatte. Die Sowjetunion mit einer Bevölkerung von zirka 250 Millionen hatte etwa 20 Millionen Toten, nach dem, was immer gasagt wurde. Danach sind höhere Zahlen erwähnt worden, aber die Zahl, die immer bekanntgegeben wurde, war 20 Millionen, eine runde Zahl. Die Serben müssen etwa 1.700 000 Tote in diesem Krieg gehabt haben, ich kann jetzt die exakte Ziffer nicht sicher nennen. Aber ich weiß doch, daß dieses Land die höchste Zahl von Toten im Verhältnis zu seiner Bevölkerung erlitt. Sie kämpften damals mit irregulären Methoden und hatten eine Vorstellung des Kampfes mit Beteiligung des gesamten Volkes.

Gerade jetzt ziehen sich die serbischen Truppen aus Kosovo zurück - ich wundere mich! - mit allen ihren Panzern, ihren Kanonen und ihren Panzerwagen. Es ist erstaunlich, daß sich vollständige Einheiten zurückziehen - sie erscheinen im Fernsehen -, in Anbetracht der Dichte und der Intensität der gegen sie geführten Angriffe. Sie waren perfekt in der Lage, auf dem Boden zu kämpfen.

Ich bin wirklich der Meinung, daß sie sogar andere Konzepte hätten erarbeiten sollen, ehrlich gesagt. Es ist ein Thema, über das wir alle viel haben nachdenken müssen. Sie verfügten über ganze Einheiten. Dies war nicht ein Krieg von konventionellen serbischen Einheiten gegen NATO-Einheiten. Man kann Panzer, Kanonen und alles Mögliche benutzen, aber in Gliederung von gar nicht konventionellen Einheiten. Vielleicht und fast sicher hatten sie sie in einer für diese Art von Kriegsführung absolut geeigneten Form angeordnet. Wir verfügen über keine Information über das, was sie getan haben und wie sie es getan haben.

Wir wußten, was geschehen würde: Daß sie widerstehen würden. Und ohne die Druckausübungen, denen die serbischen Führungsfiguren von Freunden und Feinden ausgesetzt waren und die allem Anschein nach heftig waren, würden sie wahrscheinlich weiter widerstehen. Ich sage nichts mehr. Das Volk hätte sicherlich ewig widerstanden. Die NATO hätte die Entscheidung treffen müssen, auf dem Boden zu kämpfen - und mit einem Bodenkrieg wäre es für die NATO nicht leicht gewesen, die zunehmenden politischen Hindernisse zu überwinden, und der Krieg wäre niemals zu einem Ende gekommen -, oder die Bombardierungen zu beenden. Das ist meine Ansicht.

Also, der Resolutionsentwurf der NATO und der G8-Staaten wurde verabschiedet und die Bombardierungen wurden eingestellt. Einer der Punkte des verabschiedeten Resolutionsentwurfs lautet wortwörtlich:

"Er entscheidet den unter der Schirmherrschaft der NATO zu bewerkstelligenden Aufmarsch von internationalen Truppen im Kosovo" - die Worte scheinen harmlos zu sein-, "einer zivilen und einer militärischen, und er nimmt mit Wohlgefallen auf, daß die Föderative Republik Jugoslawien mit dieser Präsenz einverstanden ist." Na ja, es steht da nicht, wessen Präsenz es ist. Internationale Schutztruppen, es steht dort nicht, von wem.

Weiter unten heißt es folgendermaßen: "Er bittet den Genaralsekretär darum, daß er in Absprache mit dem Sicherheitsrat einen Sondervertreter ernennt, damit er den Aufmarsch der internationalen zivilen Verbände kontrolliert." Wer befiehlt da? Das ist eine Frage, die man sich stellen muß. Die Vereinten Nationen leiten die zivilen Verbände. "Und er bittet zudem den Generalsekretär darum, daß er seinem Sondervertreter Weisungen erteilt, damit er die Arbeit dieser zivilen Einheiten mit derjenigen der internationalen Schutztruppe eng koordiniert, damit die Tätigkeiten beider Gruppen die gleichen Ziele verfolgen und einander unterstützen."

Der Sicherheitsrat bittet seinen Vertreter darum, daß er sich mit den Befehlshabern dieser Truppen, ohne die Truppen zu bestimmen, - eine zivile Führung unter dem Befehl der Vereinten Nationen - koordiniert, und bittet den Zivilvertreter darum, daß er sich mit den Schutztruppen koordiniert, wenn sie ihm überhaupt gehorchen.

"Er gestattet den Mitgliedsstaaten und den zuständigen internationalen Organisationen, die im Punkt 4 des 2. Absatzes erwähnte internationale Schutzpräsenz im Kosovo mit allen nötigen Mitteln zu etablieren, damit sie die im Absatz Nr.9 angeführten Pflichten erfüllt.

"Er gestattet", sie stehen nicht unter seinem Befehl. "Er lädt ein", wobei man im voraus weiß, wer die "Eingeladenen" sind. Es heißt, daß viele eingeladen und nur wenige eigentlich herzlich eingeladen wurden.

"Er behauptet die Notwendigkeit eines schnellen und frühen Aufmarsches der internationalen Zivil- und Schutzpräsenz im Kosovo und verlangt"- ein schrecklich energisches Wort -, "daß die Seiten bei diesem Aufmarsch richtig zusammenarbeiten"; das heißt, daß die verschiedenen Länder richtig zusammenarbeiten. Sogar wir sind bereit, zusammenzuarbeiten, wenn man uns um Ärzte bittet. Aber wir schicken keinen einzigen Soldaten, da dies weder eine internationalistische noch eine Friedensmission ist, sondern eine imperialistische Mission mit ihren genau bestimmten Zielen. Wir sind bereit, zusammenzuarbeiten, um Leben zu retten. Ansonsten gehen uns die von anderen getroffenen Entscheidungen nichts an.

Was sehr wohl bekannt ist, ist die Tatsache, daß die Briten 13.000 Mann - den Hauptanteil - im Kosovo haben werden und daß ein britischer General als Oberbefehlshaber fungieren wird. Wie viele US-Amerikaner es sein werden, weiß man nicht. Es gibt bereits einige Marines, die in Griechenland gelandet sind. Es werden einige Tausend sein, genauso wie die anderen auch, die Franzosen und alle Aggressorländer. Die Zahl der Russen kennt man nicht, was mehr oder weniger bekannt ist, ist die Zahl der Russen, die es dort geben kann. Es kam die Nachricht, daß irgendjemand erklärte, daß es zwischen 2.000 und 10.000 sein können. Wer befiehlt sie? Mal sehen, das ist ein kleiner Punkt des Widerspruchs. Aber bezüglich der Möglichkeiten der Präsenz von russischen Soldaten gibt es eine von dem gegenwärtigen Premierminister abgegebene Erklärung, die lautet: "Die Streitkräfte sind in einer überaus katastrophalen Lage und der Militärisch-Industrielle Komplex und das Heer können kaum überleben. Man muß sich daran bei der Erstellung des Etats im nächsten Jahr erinnern." Auf wieviel wird sich der Etat des nächsten Jahres belaufen? Niemand weiß es. Wenn die Lage katastrophal ist, müßten sie die Kosten der Truppen bezahlen, die 4.000 oder 5.000 Mann stark sind. Wenn es 5.000 sind, wären das nur 10% der sogenannten Schutztruppen.

Was bekannt ist, ist, daß die NATO unabhängig von ihren jeweiligen Begleitern 90% der Besatzungstruppen unter ihrem direkten Befehl haben, und nicht nur ihre eigenen Truppen, sondern auch die Begleittruppen aus denjenigen Ländern, die ihre Dienste anbieten. Es wird Länder wie die Ukraine geben, die einige Soldaten anbieten werden, und es kann irgendein lateinamerikanisches Land geben, das ein paar Soldaten dorthin schickt, ein paar rekrutierte Jugendliche. Aber die NATO wird alles dort haben und zudem die 1 000 Flugzeuge, die die Bombardierungen durchführten.

Die Russen werden, wenn überhaupt, irgendeinen Hubschrauber dort haben, irgendein Kleinflugzeug, um sich hin und her zu bewegen (Lachen). Die Ukrainer werden vielleicht über ein paar Jeeps und sogar irgendeinen Hubschrauber verfügen. Die NATO hingegen wird alles haben, die See-, Boden- und Luftstreitkräfte, sowie den Befehl über die ganze Aktion. Die Diskrepanz besteht jetzt darin, daß die Russen sich verbittert, erniedrigt und bedroht gefühlt haben, sagen wir die Wahrheit, denn bei einem solchen Präzedenzfall denkt jedermann, daß eines Tages Raketen, Laserbomben und Millionen von anderen Sachen über ihm abgeworfen werden könnten, besonders wenn man anerkennt, daß "die Streitkräfte sich in einer katastrophalen Lage befinden", was nicht ausschließt, daß die strategischen Raketen, von denen sie Millionen haben, funktionieren. Ja, sie besitzen Tausende von strategischen Raketen, sie sind eine Atommacht und all das ist natürlich teuer.

" Die Vereinten Nationen registrieren mit Wohlgefallen die von der EU und anderen internationalen Organisationen begonnene Arbeit, um eine komplette Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Stabilisierung der von der Kosovo-Krise betroffenen Region, einschließlich der Anwendung eines Stabilitätspakts für Südosteuropa mit breiter internationaler Beteiligung, der das Ziel hat, die Demokratie, den ökonomischen Wohlstand, die Stabilität und die Kooperation zu fördern."

Das verabschiedete Projekt sagt nicht: die internationale Staatengemeinschaft muß zum Wiederaufbau aller zerstörten Objekte beitragen, seien sie serbischer oder kosovarischer Herkunft. Nein, was die Führungsfiguren der NATO erklären, ist, daß diejenige Regierung, die mit ihnen die Vereinbarung getroffen hat und die den Ratschlägen und Druckausübungen der Vermittler der G8-Staaten nachgegeben hat, nun in den Ruhestand treten und vor dem Internationalen Jugoslawien-Tribunal erscheinen soll, wo sie angeklagt wird.

Vom Wiederaufbau von etwas in Serbien sagen sie nichts. In Montenegro dagegen sehr wohl. Sie erklären, daß Montenegro eine besondere Behandlung zuteil kommen wird, daß es sich gut benommen und Flüchtlinge aufgenommen hat, doch von Serbien sprechen sie nicht. Vorher warfen sie deshalb Bomben, weil die Serben eine bestimmte Regierung hatten, und jetzt helfen sie ihnen nicht, sich zu ernähren, weil sie eine bestimmte Regierung haben, und das, nachdem sie dort alles zerstört haben. Schauen Sie, wie nobel, wie generös, wie humanitär die USA und die NATO sind. Kommt es Ihnen nicht auch so vor? Welche Schuld tragen die dort lebenden Kinder mit einem Alter zwischen 0 bis 1, bis 10, bis 15 Jahren? Welche Schuld tragen die alten Menschen? Welche Schuld tragen die Schwangeren, die Rentner, die einfachen Männer und Frauen des Volkes, nachdem sie das Trauma durchlebt haben? Oftmals sind es die Explosionen und der Lärm, die bei den Bombardierungen am meisten traumatisieren.

Die Nazis, die bei diesem erbarmungslosen Krieg ziemlich gut imitiert wurden - ich sage das offen heraus -, verwendeten bei ihren Stuka-Flugzeugen angsterregende Sirenen, als sie ihre Ziele im Steilflug angriffen. Ich erinnere mich an diesen Krieg, bei dessen Ausbruch ich gerade 13 Jahre alt geworden war, doch ich spürte eine Neugier angesichts all der Nachrichten und ich las sie, ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Sie hatten in ihren Angriffsflugzeugen Sirenen, die einen höllischen Lärm veranstalteten, um Terror und Panik zu säen und die Desorganisierung zu entfesseln, während sie ihre Bombentrauben fallen ließen, die in nichts denen ähnelten, die heutzutage verwendet werden. Es waren Spielzeugbomben im Vergleich mit denjenigen, die von der NATO über Serbien abgeworfen wurden.

Der Terror der Bombardierungen traumatisiert die Menschen für das ganze Leben, ein Kind von drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Jahren, jeden Tag und jede Nacht dem Lärm der Sirenen und der Explosionen ausgesetzt. Würde irgendein Arzt oder Psychologe zu behaupten wagen, daß diesen Kindern und Millionen von Menschen kein Trauma für das ganze Leben bleibt, unabhängig von dem über 80 Tage erlittenen Terror der Sirenen und noch viel mehr dem höllischen Dröhnen der Reaktoren der tieffliegenden Kampfflugzeuge, das sehr viel ohrenbetäubender als die Stuka-Sirenen ist, und den Explosionen, die sehr viel stärker als die der Nazi-Bomben sind?

Ah, jetzt muß man sie bestrafen. Es gibt nicht einen Pfennig zum Wiederaufbau einer Schule, nicht einmal einer solchen, die sie irrtümlich zerstörten, eines Krankenhauses oder eines Kraftwerks. Und wovon werden sie leben? Gut, die Bombardierung ist jetzt eine Bombardierung des Hungers. Also, sie unterzeichneten einen Vertrag mit bestimmten Führungspersönlichkeiten. Sie werden die Dinge regeln und wissen, was sie tun. Ich unterstreiche aber sehr wohl, daß es kriminell ist, dem serbischen Volk sogar ein Maiskorn zu verweigern, nachdem man 23.000 Bomben und Raketen auf es abgefeuert hat. Und wenn der Präsident Serbiens drei oder sechs Monate an der Regierung verbleibt oder einfach noch länger, -- ein Jahr, ich weiß nicht, das kann keiner voraussagen -, dann wird dieses Volk ein Jahr lang einem völkermörderischen Krieg unterworfen sein, alle Zivilisten, alle diejenigen, die keinerlei Verantwortung für irgendeine ethnische Säuberung und die Flüchtlingsmassen tragen.

Es gab 20.000 Flüchtlinge, und als die massiven Bombardierungen begannen, zogen sich die Menschen aus verschiedenen Gründen zurück, aus Angst oder weil sie vertrieben wurden, weil sie unterdrückt wurden, weil sie sich vor den Bombardierungen fürchten oder weil sie Todesangst verspürten. Aus verschiedenen Gründen, nie kann man davon sprechen, daß es nur ein Grund gewesen sei. Welche Schuld tragen die Kinder, die Zivilisten, die Hunderttausenden, die ohne Arbeit geblieben sind, die anderen Arbeiter, die Bauern, die Landarbeiter, die Rentner und die Zivilbevölkerung im Allgemeinen? Welche Schuld tragen sie in Wirklichkeit? Es ist ein Verbrechen, sie auch nur einen Tag darauf warten zu lassen, daß es zu einem Regierungswechsel kommt. Sie einen Monat warten zu lassen, ist dreißig Mal krimineller, und im Falle eines Jahres wäre es dreihundertfünfundsechzigmal krimineller, und das gilt für jeden Tag mehr, an dem ihnen die Nahrung verweigert wird.

Ich erinnere mich daran, daß wir während unseres Befreiungskampfes einmal eine belagerte Kaserne vor uns hatten, die ohne Wasser und Nahrungsmittel geblieben war, weil wir ihnen bereits die Wasserzufuhr abgeschnitten hatten und ihnen die Lebensmittel ausgegangen waren. Unsere Kämpfer übergaben den geschlagenen und ausgelaugten Soldaten ihre Zigaretten und ihre Lebensmittel, weil in der revolutionären Truppe ein Sinn für Ritterlichkeit geschaffen wurde und weil es sogar eine für den Feind bestimmte Politik gab. Wenn es diese Politik nicht gibt, gewinnt man keinen Krieg. Wenn du sie mißhandelst und folterst, werden sie sich niemals ergeben und bis zur letzten Patrone kämpfen. Wir hatten eine rigorose Politik in bezug darauf, so daß sie in 24 oder 48 Stunden wieder in Freiheit waren. Am Anfang kämpften sie sehr hart und als sie sich danach schon verloren sahen, verhandelten sie und die Offiziere konnten mit ihren Pistolen abziehen. Wir mußten sie weder Hunger leiden lassen noch die wenigen Nahrungsmittel verteilen, über die wir verfügten. Gelegentlich riefen wir das Internationale Rote Kreuz, wie zum Beispiel aus Anlaß der letzten Offensive des Feindes, als wir in zweieinhalb Monaten Kampf Hunderte von Gefangenen machten. Während des Krieges nahmen wir Tausende von Männern im Kampf gefangen, ganze Einheiten wurden eingekesselt und wir ließen ihnen eine exquisite Behandlung zuteil kommen, denn sie waren unsere Waffenlieferanten. Wir erhielten in unserem kurzen aber intensiven Befreiungskrieg von niemandem Waffen, wobei wir gegen ziemlich mächtige Kräfte kämpften.

Keinem von uns kam es in den Sinn, sich zu ergeben. Ich blieb mit zwei Gewehren, während andere Kampfgefährten mit fünf verblieben. Wir waren zwei bewaffnete Gruppen, die sich nach einem großen Rückschlag wieder vereinigten, um den Kampf wieder aufzunehmen, nämlich die Gruppe des Genossen Raúl, der über fünf Gewehre und vier Männer verfügte, und die meinige, die aus zwei Gewehren und drei Männern bestand. Insgesamt waren wir sieben Männer mit sieben Gewehren, und dennoch verloren wir nicht den Mut. Vierundzwanzig Monate später hatten wir den Sieg errungen.

Dies ist keine Selbstbeweihräucherung. Es war eine Realität, die zu erleben wir das Privileg besaßen, und ich kann nicht aufhören, in diesem Moment daran zu denken. Wenn es einen Willen gibt und der Mensch nicht den Mut verliert, sobald er an das glaubt, was er macht, dann gibt es keinen Rückschlag, der ihn zur Umkehr zwingen könnte.

Also, unser Waffenlieferant war die Armee Batistas, die während der ganzen Zeit von US-Offizieren organisiert, ausgestattet, trainiert und zudem beraten wurde. Es war keine vernachlässigenswerte Armee oder ähnliches, denn sie sahen sich als die Herren der Welt an. Wir mußten viele Entbehrungen ertragen, aber wir gaben den feindlichen Gefangenen unsere Lebensmittel und sogar unsere Medikamente.

Wir haben das Recht, uns angesichts des von der NATO zerstörten Serbiens folgendes zu fragen: Wird der Westen einer schwangeren Frau nicht einmal ein Maiskorn geben, und das in einem Land, daß sich gemäß ihren Aussagen ergeben und alle Bedingungen erfüllt hat, ja sogar mehr Bedingungen als die, welche die G8-Staaten vereinbart hatten? Ist das korrekt? Ist das humanitär? Ich mußte diese Fragen stellen.

Ich sagte Ihnen ja bereits, daß sie sich darum stritten, wer die Sicherheitstruppe anführen würde. Klar, da haben wir zunächst an erster Stelle den Botschafter der USA mit der Rede, die er gestern bei den Vereinten Nationen gehalten hat. Denn diese Vereinbarung des Sicherheitsrats sagt in Wirklichkeit nichts darüber aus, unter wessen Kommando diese Schutztruppe stehen wird. Man bittet nur, daß die Verbände dort hineingehen. Man weiß schon im Voraus, wer geht und wer gehen kann.

Die Yankees interpretieren bereits die Vereinbarung, es ist der Moment der Interpretationen gekommen. In dieser Resolution wird eine internationale Schutztruppe für den Kosovo eingesetzt. Und sehen Sie nun, um was für einen Trick es sich handelt. In seiner Rede drückt der Vertreter der Vereinigten Staaten unter anderem folgendes aus: Die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien akzeptierten, daß die KFOR - ich weiß nicht, wie man das ausspricht, aber das ist die Abkürzung, ich weiß nicht, ob in Englisch oder in welcher Sprache -, die Internationale Schutztruppe für den Kosovo, unter der Befehlshierarchie der vereinigten NATO - das war gerade gestern, nach der Resolution - operieren sollte, das heißt unter der politischen Führung des Nordatlantikrats und in Absprache mit denjenigen, die zwar militärische Kräfte beitragen, aber nicht Mitglieder der NATO sind.

Es ist die NATO und es wird unter der Führung des Nordatlantikrats vonstattengehen, das heißt unter Führung der NATO. Wer hat ihr die Erlaubnis dazu gegeben? Der Sicherheitsrat? Nein. Diese Forderung war in der Vereinbarung des Treffens der G8-Staaten vom 6. Mai enthalten, denn an diesem Tag, als sie sahen, daß die Bombardierungen länger dauerten, daß bereits ein Teil des März und der ganze April vergangen waren und die Angriffe bereits mehr als 40 Tage andauerten, wobei oftmals drei Tage ohne das geringste Anzeichen eines Aufgebens der Serben verstrichen waren, begannen sie, sich Sorgen zu machen und viele in der NATO erfanden Dinge, so zum Beispiel das Treffen der G8-Staaten, das schließlich am 6. Mai stattfand, also 44 oder 45 Tage nach dem Beginn der Bombenabgriffe, und bei dem bestimmte Vereinbarungen getroffen wurden. Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Wechsel des Premierministers in Rußland gekommen, doch bereits vor diesem Wechsel war jemand zum Sondergesandten der russischen Regierung für die sogenannten Friedensmissionen ernannt worden.

Ich kritisiere dies selbstverständlich nicht. Ich glaube, es war sehr korrekt, daß die russische Regierung alles Mögliche tat, um eine politische Lösung des Konflikts zu suchen. Dieser Konflikt konnte keine militärische Lösung haben, denn nicht einmal sie sind in der Lage oder besitzen die Möglichkeiten, den Serben militärisch zu helfen, es sei denn mit Atomwaffen, und so etwas oder ähnliches denkt man sich nicht aus, denn niemand wäre mit der Idee einer Unterstützung mit Atomwaffen einverstanden. Uns würde eine solche Art von Hilfe absolut verrückt und unmöglich erscheinen, denn sie hätte einen weltweiten Selbstmord bedeutet. Doch es war klar, daß die Russen nicht einmal über die Fähigkeit verfügten, um ein Flugzeug zum Transport von Munition in Serbien ankommen zu lassen, sie verfügten über nichts, weder zu Land noch zu Wasser. Dort an der Grenze befinden sich das neue NATO-Mitglied Ungarn und andere ähnliche Länder. Auf dem Landweg konnten sie nichts nach Serbien bringen, genausowenig wie auf dem Luftweg oder über das Meer, so daß ihnen nichts weiter blieb als die Atomwaffen und eine politische Unterstützung, oder besser gesagt die standhafte Anklage all dieser Dinge.

Es kommt zur Vereinbarung der G8-Staaten, gemäß der ein Friedensplan verabschiedet wird, der nach vielen vorangegangenen Diskussionen am 6. Mai unterschrieben und am 3. Juni von den Jugoslawen gebilligt, oder besser gesagt aktzeptiert, wird, also fast einen Monat später. Seit der Verabschiedung im Mai gab es viele Friedensmissionen, so wie die des finnischen Präsidenten Ahtisaari, der genauso kommt und geht wie Chernomirdin. Es kommt zu Gesprächen unter Einschluß von US-amerikanischen und russischen Gesandtern, bis der russische Gesandter und der finnische Präsident während eines Besuchs in Belgrad am 3. Juni den jugoslawischen Präsidenten davon überzeugen, die Formel anzunehmen.

Man sagt, daß der russische Gesandte allein geblieben war, nachdem der finnische Präsident den Raum verlassen hatte, und daß er den jugoslawischen Präsidenten letzlich überzeugt habe. Eines Tages wird man mehr oder weniger erfahren, über was sie sprachen, auf welche Art und Weise sie dies taten und was sie genau sagten. Ich kritisiere also die russischen Anstrengungen zur Friedenssuche nicht. Das sind Dinge, die sich sehr von dem Aspekt unterscheiden, daß die jugoslawischen Führungspersönlichkeiten diese Art von Bedingungen annahmen, die ihnen aufgezwungen wurden. Ich habe meine Meinungen über die verschiedenen Varianten dessen, was ihnen hätte geschehen können. Ich beschränke mich darauf zu sagen, daß die Position der NATO trotz ihrer immensen Macht bereits sehr schwach war, weil man nicht ewig bombardieren und töten kann vor den Augen der Weltöffentlichkeit, die das Spektakel, das vor sich ging, live verfolgte. Es kommt der Moment, in dem das fortwährende Töten zu skandalös und untolerierbar wird.

Doch dort wurde nicht davon gesprochen, wer die Truppen schicken würde, denn das würden sie danach diskutieren. Bis zur letzten Minute widersetzten sich die Russen dagegen, daß die Truppen, welche an der Aggression teilgenommen hatten, dort sein würden, was ebenfalls die Position Jugoslawiens war. Gleichfalls widersetzten sie sich gegen Ende, unmittelbar vor der Vorlage der Resolution im Sicherheitsrat, der Idee eines einheitlichen Kommandos unter dem Befehl der NATO. Denn die Vermittler mußten mit den Chinesen Absprache halten und diese waren zu Recht irritiert durch die von der NATO angewandte Methode und Vorgehensweise, die Attacke auf ihre Botschaft und alle diese Faktoren. Sogar die Russen akzeptierten, das Projekt zunächst im Sicherheitsrat zu diskutieren und danach die Modalitäten der Organisation und Verteilung sowie die Frage der Schutztruppen im Kosovo zu besprechen. Es ist keine gute Taktik, zunächst etwas zu gewähren, um danach einen weiteren wichtigen Punkt zu diskutieren. Du gibst nach, und wenn du dann weiter diskutierst, fordern sie danach mehr von dir. Nein, mein Herr, einige Minütchen noch, lassen Sie uns das klarstellen, bevor wir die Vereinbarung unterstützen, auf das Veto verzichten und dafür stimmen.

Ich kenne russische Führungspersönlichkeiten, die ernsthafte und ehrliche Anstrengungen unternommen haben, um eine Lösung für die wirklich komplizierte und gefährliche Situation zu finden. Sie haben sich selbst sehr geschwächt und werden nicht mehr wie früher respektiert. Deshalb blieb unklar, wer die Truppen anführen würde.

Doch die US-Amerikaner fanden sehr schnell ihre Lösung, was in dem zum Ausdruck kommt, was dort in der Rede des US-Vertreters im Sicherheitsrat geäußert wurde. Schauen Sie, was für eine Erfindung: Sie diskutierten einen ganzen Tag lang in Mazedonien mit den Vertretern der serbischen Truppen im Kosovo, ohne zu einer Lösung zu kommen. Sie nahmen die Gespräche am zweiten Tag wieder auf und nutzten die Gelegenheit, um eine falsche Genehmigung zu beantragen, doch es war eine Entdeckung - das erschien gestern -, denn sie hatten bereits die Genehmigung in der Frage der NATO-Rolle. Es waren weder die G8-Staaten noch die Vereinten Nationen oder die Russen, die ihr Einverständnis erklärt haben, sondern sie diskutierten mit jenen serbischen Armeechefs in Mazedonien und gemäß ihren Aussagen akzeptierten die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien, daß die KFOR mit einer Befehlshierarchie der vereinten NATO unter der politischen Führung des Nordatlantikrats operieren würde, das bedeutet, daß die Jugoslawen ihnen die Genehmigung erteilten, womit sie die Russen komplett hinters Licht führten. Und es gibt Beweise, die aufzeigen, daß ihnen dies nicht sehr gefallen hat, wie heute aus einer Nachricht hervorgeht, die dies belegt.

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte, womit ich Ihre Geduld ausnutze - auch die Präsenz hier ist freiwillig -. Es bleibt mir keinen Ausweg mehr, als aufzuhören, also dann, wenn ich die Rede beende, nicht wahr? Wenn ich das zu sagen beendet habe, was ich sagen muß (Lachen und Beifall). Glauben Sie nicht, daß mir Überstunden für diese Arbeit bezahlt werden. Ich unternehme eine Anstrengung, denn das, was ich will, da sie mich schon hierher gebracht haben - das ist Ihre Schuld, verstehen Sie? Ich bin nicht freiwillig gekommen (Lachen) - ist, die Ideen zum Abschluß zu bringen, die ich hier ausgebreitet habe und die auch für unser Volk nützlich sind, das ich nicht vergessen kann und das gerne viele Dinge wissen möchte, so daß dies hier eine Gelegenheit ist, auch wenn die Zeit voranschreitet.

Sie haben das Problem gelöst. Wer? Die Besiegten und sonst niemand haben ihnen die Genehmigung erteilt, und zwar den US-Amerikanern und den Vertretern der NATO, in diesem Fall dem englischen General, der mit ihnen diskutierte, wobei diese selbstverständlich strikte Anweisungen des Marschalls Solana befolgten.

Mit dem größten Respekt für den neuen Außenminister Europas, des vorvereinigten Europas. Es ist ein Präminister einer supranationalen Präbehörde, das sind mehr oder weniger die Titel, um es in treffenden Worten zu sagen. Sie benötigen nichts mehr.

Unmittelbar darauf spricht der Vertreter Großbritanniens, wobei ein weiteres Fragment unterstrichen werden kann: "Die Behörden der Föderativen Republik Jugoslawien und das serbische Parlament haben die in der Erklärung der G8-Staaten vom 6. Mai und im Chernomirdin-Ahtasaari-Dokument festgelegten Prinzipien und Erfordernisse akzeptiert."

"Die vorliegende Resolution und ihr Anhang führen in aller Klarheit die Schlüsselerfordernisse der internationalen Staatengemeinschaft auf." Sie sind die internationale Staatengemeinschaft, ja, die Staaten der NATO, und die muß Belgrad zufriedenstellen.

"Ebenso ist eine internationale zivile Präsenz unter Leitung der UNO vorgesehen, neben einer effizienten internationalen Präsenz im Bereich der Sicherheit, deren Ziel die Wiederherstellung eines sicheren Klimas im Kosovo ist. (...) Deshalb erklärte die NATO ausdrücklich die Bedeutung der Möglichkeit, über eine einheitliche Befehlskette unter der politischen Führung des Nordatlantikrats" - nicht der Vereinten Nationen - "in Absprache mit den nicht der NATO angehörenden Teilnehmern der Aktion zu verfügen. Die besagte Streitmacht mit der NATO im Zentrum untersteht den Befehlen eines britischen Generals. Großbritannien erbringt den Hauptbeitrag mit einem Minimum von 13.000 Soldaten."

"Es erforderte eine große diplomatische Anstrengung, um zu diesem Punkt zu gelangen und die Zustimmung Belgrads erreicht zu haben. Meine Regierung lobt Herrn Chernomirdin, den Präsidenten Ahtisaari und Herrn Talbott und dankt ihnen für ihren außergewöhnlichen Beitrag. Die positive Beteiligung der russischen Regierung durch Vermittlung ihres Sondergesandten und ihre Rolle bei der Erarbeitung dieser Resolution zusammen mit den Ministern der G8-Staaten war unumgänglich." Sie gehen davon aus, daß es die Jugoslawen gewesen waren, die die Genehmigung dazu erteilt haben, daß die NATO die Schutztruppe anführt.

Sind die Russen etwa zufrieden? Ah, nein, diese Nachricht habe ich nicht mitgebracht, leider. Aber heute kamen Nachrichten aus Europa an, die besagten, daß eine aus etwa 500 Fallschirmjägern bestehende russische Einheit, die in Bosnien stationiert war, mit etwas mehr als 20 Panzerwagen, Lastwagen und einigen Panzern vorrückte, Serbien durchquerte und in Richtung der Grenze des Kosovo voranschritt, um dort auf den Eintritt der verschiedenen Streitkräfte und eine Lösung des Problems der Verteilung derselben zu warten. Es wurde selbstverständlich gesagt, daß die russischen Einheiten den Oberbefehl der NATO nicht akzeptieren werden.

Die NATO muß irritiert sein, wenn die Russen ohne Ankündigung und weniger als 24 Stunden nach der Resolution und den US-amerikanischen Interpretationen eine Kolonne von Fallschirmjägern in Panzerwagen schicken. Sie haben bis jetzt noch nicht die Grenze überschritten. Es handelt sich unbestreitbar um eine Antwort auf alle diese Interpretationen. Es verbittert sie, die Idee zu akzeptieren, und ich kann mir vorstellen, daß es in ihrem eigenen Land ein großes Trauma wegen all dieser Dinge gegeben hat. Es ist sehr schwierig für die russische Führung, daß ihre Truppen dort, seien es 2.000, 4.000 oder 5.000 Mann und mit oder ohne Sold, den Befehlen der NATO unterstehen. Es sind nicht mehr als eine Falle nach der anderen, die von denen gelegt wurden, die den schmutzigen Krieg entfesselt haben. So ist das alles gewesen.

Die Vereinigten Staaten und Großbritannien sind selbstverständlich die beiden Hauptanführer. Und diese beiden sind es auch, die täglich den Irak bombardieren. Niemand erinnert sich daran. Dies geschieht täglich und ist bereits eine Gewohnheit und eine tägliche Schießübung, um das Recht aufrechtzuerhalten, jeden Tag Bomben abzuwerfen. Das machen sie auf eigene Faust und niemand erinnert sich angesichts der ganzen aktuellen Probleme überhaupt daran.

Wir hatten angeprangert, daß Jugoslawien in einen Schießübungsplatz verwandelt wurde.

Es ist eine Erklärung vom 1. Juni, das heißt, sie liegt kaum neun Tage zurück und wurde vor der Einwilligung Jugoslawiens in den G8-Plan abgegeben. Kuba verfasste eine Erklärung, in der sie verschiedene Punkte ansprach: Man führte eine tägliche Auflistung der dortigen Ereignisse mit jedem der Bombardierungsziele an. Diese Erklärung sagte unter anderem folgendes:

"Jugoslawien wird zum Versuchsgelände. Flugzeuge, die in den USA starten, lassen ihre tödliche Ladung auf das serbische Volk fallen und fliegen ohne Zwischenlandung zu ihren Stützpunkten zurück, wobei sie in der Luft aufgetankt werden. Raketen werden aus weiter Entfernung außerhalb der Reichweite der Flakgeschütze abgefeuert. Unbemannte Flugzeuge bombardieren mit Patienten besetzte Krankenhäuser, bewohnte Häuser, Brücken mit Passanten und Omnibusse mit Passagieren."

Jedermann könnte sagen, daß dies eine willkürliche Erklärung von unserer Seite war, doch der Zufall will es, daß gestern, am 10. Juni - etwa neun Tage danach -, eine aus Washington abgesandte und von Benjamín Kahn verfasste Nachricht der Agentur France Press die folgende Information verbreitet:

"Die Bombardierungen der NATO in Jugoslawien gegen militärische Objekte und die zivile Infrastruktur erlaubten der US-Luftwaffe, einige Hochtechnologiewaffen auszuprobieren, die seit dem Krieg gegen den Irak im Jahre 1991 verbessert worden waren.

"Die 'intelligenten' Bomben, die entworfen wurden, um ihre Bahn während des Fluges zu verändern, wurden während des Golfkrieges verwendet. Doch die neuen verbesserten Versionen wurden in Jugoslawien eingesetzt, und zwar in größerer Anzahl als je zuvor.

"Diese computergesteuerten Bomben ermöglichten es den USA, Tausende von jugoslawischen Soldaten aus großer Entfernung zu töten, ohne ihre Piloten oder Bodentruppen in Gefahr zu bringen."

Weiterhin wird folgendes ausgeführt:

"Die Experten behaupten, daß der massive Einsatz der neuen Cruise Missiles und anderer technologisch fortgeschrittener Waffen weiterhin zunehmen wird als Folge der Bemühungen der US-Militärs, ihre Fähigkeit zu verbessern, außerhalb der Reichweite der feindlichen Abwehr Angriffe durchzuführen."

"Ein weiterer Fortschritt seit dem Golfkrieg war die Verstärkung der Raketenköpfe mit Titan, um ein Eindringen in dichte Zementschichten und eine größere Schäden hervorrufende Detonation zu ermöglichen.

"Die neue Generation der B-2-Tarnkappenbomber, die die teuersten aller Kampfflugzeuge sind, gaben ebenfalls in Jugoslawien ihr Debüt.

"Die 2,2 Milliarden Dollar pro Stück teuren, mit einer supermodernen Technologie ausgestatteten und von Northrop Grumman, Boeing und General Electric hergestellten B-2-Bomber starteten von einer Luftwaffenbasis im Bundesstaat Missouri, umgingen die jugoslawische Luftabwehr und warfen zahlreiche satellitengesteuerte Bomben während jedes Fluges ab."

Es gibt hier noch eine andere Nachricht, die besagt, daß bei drei Einsätzen dieser Bomber nur 20% der Ziele getroffen wurden, das heißt 20% derjenigen Objekte, auf die die Bomben und Raketen gezielt hatten. Davon sprachen sie.

Ich glaube, daß Herr Clinton heute in diesem Luftwaffenstützpunkt war, um diejenigen Superhelden herzlich und brüderlich zu beglückwünschen, die immer außerhalb der Reichweite der feindlichen Waffen agierten, Hunderte oder Tausende von Personen töteten und unschätzbare Zerstörungen verursachten. Es war eine Übung mit der neuen Technologie und zudem noch aus der Luft, denn sie machten nirgendwo eine Zwischenlandung. Die direkt aus den USA kommenden B-52-Bomber warfen unzählige Tonnen von Bomben ab. Man mußte diese Bomben mit realem Feuer gegen reale Ziele testen.

"Die von den ebenfalls neuen B-2 JDAM-Kampfflugzeugen verwendeten Bomben funktionieren mit einem GPS-Orientierungssystem. Es wiegt zwischen 450 und 900 Kilogramm und kostet 18.000 Dollar pro Stück." Das ist ziemlich billig für ein Flugzeug, das laut dem aus Washington berichtenden Reporter 2,2 Milliarden Dollar kostet. Auf 2,2 Milliarden Dollar kann man gemäß den Programmen, die ich Ihnen hier erläutert habe, die Kosten für die innerhalb von wenigen Jahren zu bewerkstelligende Rettung des Lebens von Hunderttausenden von Kindern und Menschen im Allgemeinen in Haiti, Mittelamerika und anderen ähnlichen Gegenden veranschlagen. Ja, so ist es wirklich. Man kann fast schon errechnen, wieviele Menschenleben man pro Jahr retten kann (Er rechnet). Es könnten mehr als 400.000 sein. Die Rettung des Lebens eines Kindes kostet niemals mehr als 500 Dollar: Vom Fall eines Kindes, das wegen des Fehlens einer 25 Cent teuren Impfung stirbt, bis zum Besorgen einiger Rehydrierungssalze und anderer Dinge. Nehmen Sie 500 Dollar, als eine hoch veranschlagte Zahl. Mit 500 Millionen Dollar - Mensch, sind das so viele? - könnte man fast eine Million Kinder retten, wenn Ärzte zu ihrer Betreuung und die Medikamente vorhanden sind.

Mit einer Milliarde Dollar wären es zwei Millionen Kinder und mit zwei Milliarden Dollar vier Millionen. Mit 2,2 Milliarden Dollar könnte man 4,4 Millionen Kinder retten, und alle Welt sowie die Weltgesundheitsorganisation wissen, daß jährlich etwa 12 Millionen Kinder an heilbaren Krankheiten sterben. Die Zahl bewegt sich zwischen 10 und 12 Millionen, ich erinnere mich nicht genau an die aktuellste Zahl.

Fast die Hälfte derjenigen Kinder, die in einem Jahr sterben, könnten mit dem Betrag der Produktionskosten eines einzigen Flugzeuges gerettet werden. Wie humanitär wäre es in Wirklichkeit, den Wertbetrag eines dieser Flugzeuge zu investieren, um fast viereinhalb Millionen Kinder zu retten, und das bei einem überaus hoch veranschlagten Preis! Denn in den Programmen, die wir vorschlagen, kosten die Ärzte nichts, weil wir die Ärzte hier in unserer Landeswährung bezahlen. Wir müssen nicht einen einzigen Dollar ausgeben, denn mit unserer Währung verfügen sie über all das, was sie haben, und allen Ärzten wurde kürzlich sogar das Gehalt erhöht. All das, was die NATO schreibt, ist eine ganze humanitäre Bibel.

Das traurige dabei ist die Lüge, die Demagogie und die Manipulation der Leute.

Sie sollten wirklich nicht von hier weggehen ohne einige Daten, die ich hier noch vorliegen habe.

Es gibt drei grundlegende Ideen. Ich habe von den G8-Staaten gesprochen und erläutert, wer den Antrag vorgelegt hat. Ist das klar? 7 der 12 sind Mitglieder der NATO. Gut, diejenigen, die ich erwähnt habe.

Nun, was sind die G8-Saaten? Sie bilden eine Gemeinschaft der Superreichen, ein kleiner Klub, doch da er soviel Einfluß und Geld hat, weil zu ihm neben anderen die ungeheuer reichen Staaten USA, Japan und Deutschland gehören, entwerfen sie Währungspolitiken für den IWF, Maßnahmen zur Bewältigung irgendeiner Krise und bestimmte Vereinbarungen. Dies geschieht dann, wenn es in Südostasien oder Rußland eine Krise gibt oder wenn die Gefahr entsteht, daß diese sich auf Lateinamerika ausweitet.

Die sieben Reichen treffen sich jährlich. Doch aufgrund des Verschwindens der UdSSR und der verbesserten Beziehungen zu Rußland laden sie dieses Land gelegentlich zu ihren Treffen ein. Allein aus Rußland hat der Westen, hauptsächlich Europa, 300 Milliarden Dollar herausgesaugt. Klar, sie gingen nicht dahin, um es mit der Androhung einer Pistole zu bekommen. Nicht wahr? Das war auch nicht nötig, denn dort tauchten Leute mit einer sochen Geschicklichkeit in Geschäftsangelegenheiten auf, daß sie innerhalb von wenigen Jahren zu Multimillionären wurden.

Als Folge der vom Westen eingeführten Reformen hat Rußland schlimm gelitten, seine Wirtschaft reduzierte sich um die Hälfte und seine Verteidigungsfähigkeit wurde erheblich geschwächt. Für die Erteilung eines 20 Milliarden Dollar-Kredits zerstückelt der Westen das Land und stellt viele Bedingungen auf, die Rußland nicht erfüllen kann und von denen einige erniedrigend sind. Und was sind die 20 Milliarden Dollar, die sie so dringend nach der August-Krise benötigten und die über das ganze Jahr verteilt ausgegeben wurden, wenn man davon ausgeht, daß dieser Betrag nur den Fünfzehnten Teil der Devisen ausmacht, die in Richtung Westen abgeflossen sind? Aber es ist nicht nur das, sondern auch die Tatsache, daß der Rubel zweimal abgewertet wurde. Früher entsprach ein Rubel einem Dollar und er hatte in Rußland mehr Kaufkraft als der Dollar. Innerhalb von wenigen Jahren sank seine Kaufkraft um das Sechstausendfache, was bedeutet, daß man 6.000 Rubel brauchte, um einen Dollar zu erwerben. Alle diejenigen, die über Ersparnisse verfügten, wie die Rentner und andere, verloren diese. Das ganze Geld einer gesamten Nation verflüchtigte sich als Folge der Abwertung.

Sie ergriffen andere Maßnahmen und setzten einen neuen Rubelkurs fest, wobei sie die Nullen strichen, indem sie durch 1.000 teilten, so daß man mit 6 Rubeln einen Dollar erwerben konnte.

Gut, dienenigen, die wiederum Rubelersparnisse angesammelt hatten, mußten mitansehen, wie der Umtauschkurs von 6 auf 24 Rubel für einen Dollar absank, womit der Wert auf ein Viertel absackte. Wiederum verloren die Sparer ihre Ersparnisse. Das ist nicht nur Rußland widerfahren, sondern vielen anderen Ländern auch. Lateinamerika kennt diese Erfahrung der regelmäßigen Abwertungen zur Genüge, wie ich erwähnte. Die Währung wird zu einem flüchtigen Kapital.

Welcher Bürger will seine Bargeldbestände noch in einheimischer Währung haben, nachdem er in diesem Land zweimal seine gesamten Ersparnisse verloren hat? Auch wenn sie ihm Zinsen von 40%, 50% und bis zu 80% bezahlen. Auf der anderen Seite hält das keine Wirtschaft aus, das ist unmöglich, weil der den Ländern von den Theoretikern des Neoliberalismus und des IWF empfohlene Mechanismus darin besteht, die Zinssätze anzuheben, damit die Menschen ihr Geld nicht abheben. Welcher Haushalt kann das ertragen, wenn der Zinssatz auf 80% angehoben wird? Das ist nicht möglich. Und außerdem kann die Entwertung trotz des Anhebens der Zinssätze auf dieses Niveau 400% oder 500% betragen und damit die Zinserhöhung bei weitem übersteigen. Was macht der Sparer oder derjenige, der irgendein Einkommen bezieht, angesichts des Klimas der Unsicherheit? Er tauscht sein Geld in Dollar um. Es kann keine Bank geben, die das aushält. Wieviel Geld würde das Land benötigen, um die Konvertibilität des Rubels gegenüber der Devise aufrechtzuerhalten? Ein Faß voll Dollar.

Wieviele Jahre müssen vergehen, damit der Bürger eines Landes, das unter einem Problem dieser Art leidet, wieder Vertrauen in seine Währung faßt? Und dann kommt dort der IWF und fordert von dem Land die freie Konvertierung und viele andere Bedingungen mehr, die in Wirklichkeit unmöglich anzuwenden sind. Man muß nicht mehr als einige kleine Rechnungen anstellen. Das ist also das Problem. Sie tauschen alles in Dollars um, verwahren diese im Kopfkissen oder bringen sie außer Landes.

Auf diese Art verarmt das Land sehr stark und wird abhängig von ausländischen Krediten. Ich glaube dennoch nicht, daß dies zwangsläufig so sein muß. Diejenigen, welche die kubanische Erfahrung durchlebt haben, das heißt ohne Brennstoffe, Stahl oder Holz, ohne alles, wobei wir unsere Angelegenheiten ohne einen Cent von irgendeiner internationalen Organisation geregelt haben, wissen, daß Rußland mit seinen enormen Ressourcen schlichtweg keinen Kredit benötigen müßte. Mehr sage ich nicht. Ich füge nur hinzu, daß wir, wenn wir über solche Ressourcen verfügen würden, in einem überproportionalen Rythmus wachsen würden. Obwohl wir nichts haben und all den Schwierigkeiten sowie der Blockade ausgesetzt sind, haben wir ein Wachstum zu verzeichnen, das in diesem Jahr etwa 3-4% betragen wird.

Wir haben das Recht, uns vorzustellen, was man machen kann, und der größte Teil unserer Exporteinnahmen wird allein in Brennstoffe investiert, weil die Revolution die Elektrizität bis in die entlegensten Regionen und in die Berge gebracht hat. 95% der Bevölkerung beziehen Strom, wobei dieser Anteil vor der Revolution noch bei unter 50% gelegen hatte, als das Erdöl sieben Dollar pro Barril kostete und man mit einer Tonne Zucker sieben oder acht Tonnen Erdöl kaufen konnte. Danach, als es zum Zusammenbruch des sozialistischen Lagers kam, waren die Erdölpreise bereits erheblich angestiegen und wir konnten mit dem Erlös aus einer Tonne Zucker gerade noch eine Tonne Erdöl erwerben.

Wir verfügen weder über die riesigen sibirischen Wälder und Gas- und Erdölvorkommen noch über wichtige Stahl- und Maschinenbauindustrien. Wenn wir nichts weiter als die Rohstoffe hätten, würde die Wirtschaft dieses Landes - mit unserer heutigen Erfahrung, das muß man hinzufügen, denn wir haben dazugelernt und mußten lernen, viel effizienter zu sein und die Ressourcen besser zu nutzen - vielleicht um 12% oder 14% wachsen.

Es ist meine Überzeugung, und ich sage das hier zum ersten Mal öffentlich, daß Rußland sich retten kann und nicht notwendigerweise von den Krediten des Westens abhängen muß. Früher oder später werden seine Führungspersönlichkeiten dies begreifen, wenngleich sie heutzutage unbestreitbar noch von den Krediten abhängen.

Ich habe die G8-Staaten erwähnt, der die sieben reichsten Ländern der Welt angehören, wovon sechs NATO-Mitglieder sind, die diesen Krieg entfesselt und aktiv daran teilgenommen haben, und eines zwar nicht Mitglied der NATO, dafür aber der strategische Hauptpartner der USA im Pazifik ist, nämlich Japan. Ich habe nicht die Absicht, Japan zu kritisieren, den wir unterhalten gute Beziehungen zu diesem Land und außerdem boten sie nach dem letzten Hurrikan, der uns heimsuchte, und nach einer schweren Dürre, spontan eine Lebensmittelhilfe für den am meisten geschädigten Teil der Bevölkerung an, die einen Umfang von 8 Millionen Dollar hatte, mit denen 30.000 Tonnen Reis gekauft wurden. Das war eine Geste, die wir sehr schätzten. Ich beschränke mich nur darauf, die Tatsachen zu erläutern.

Mit Ausnahme von Japan, das kein Mitglied der NATO ist, nahmen alle aus der Gruppe der sieben reichsten Staaten der Welt am Angriff auf Serbien teil. Das achte Land der Gruppe, Rußland, ist ironischerweise dasjenige, das innerhalb der kürzesten Zeit am meisten verarmt ist. Sein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf befindet sich auf dem Niveau der Dritten Welt.

Ein verarmtes, verschuldetes und von westlichen Krediten abhängiges Land. Trotzdem will ich damit absolut nicht sagen, daß dies die Gründe für die armselige Rolle der Russen in der Gruppe der Acht waren.

Ich glaube, sie waren wirklich besorgt angesichts der entstandenen Krise, der Gefährlichkeit dieses abenteuerlichen Krieges, der Auswirkung auf die eigene Bevölkerung und der Erkenntnis dessen, was ihnen eines Tages selbst widerfahren könnte. Sie müssen sich darüber bewußt geworden sein, wieviel Einfluß und Schlagkraft sie verloren haben. In Wirklichkeit müßte ich anerkennen, daß sie als Verfechter von politischen Konfliktlösungen und als Verteidiger der UN-Charta eine korrekte Position einnehmen. Die Rede ihres Vertreters bei den Vereinten Nationen fanden wir kritisch und positiv, aber selbstverständlich handelt es sich auf der anderen Seite um die G8-Staaten.

Diese hatten bereits die Gewohnheit aufgegeben, die Russen einzuladen, doch diesmal riefen sie sie und setzten sich mit ihnen zusammen, wobei es dazu kam, daß .....

Mir erschien es angesichts der Nachrichten von heute morgen über den schnellen Vormarsch einer Kolonne von russischen Fallschirmjägern in Richtung Kosovo, daß die NATO und alle Welt davon überrascht wurden. Es ist unbestreitbar, daß dies eine Antwort auf den Betrug war, der darin bestand, mit den Jugoslawen über die Erlaubnis zu verhandeln, damit die NATO im Kosovo die Führung der Schutztruppe übernehmen konnte. Dies wurde nicht von der UNO entschieden und ebensowenig mit Rußland besprochen. Genau darin bestanden die Erniedrigung, der Betrug und die Falle.

Zusammengefaßt kann man sagen, daß die NATO angreift und im Schlamm steckenbleibt, daraufhin ein G8-Treffen erfindet und einen Friedensplan fabriziert, der am Ende nach erheblichen Diskrepanzen und Meinungsverschiedenheiten mit den Russen verabschiedet und dem Sicherheitsrat vorgelegt wird, ohne daß die Frage des Oberbefehls jener Truppe geklärt worden wäre. Diese Frage war bereits entschieden und so erläuterte es der US-Vertreter bei den Vereinten Nationen in seiner Rede in dieser Organisation, gemäß der sie die Erlaubnis der Jugoslawen zur Übernahme der Befehlsgewalt in der jugoslawischen Provinz Kosovo besaßen. So wurde diese Angelegenheit gehandhabt. Mir scheint, daß das jetzt ganz klar ist.

Es gibt noch eine weitere Sache, die ich erwähnen will. Wir haben uns so weit wie möglich mit der Geschichte dieser ganzen Region beschäftigt, mit der weiter zurückliegenden und der neueren Geschichte, und wir haben einige interessante Informationen zusammengetragen, doch es gibt besonders eine, die uns speziell aufgefallen ist und die gestern von unserem UN-Botschafter vorgebracht wurde, nämlich die Tatsache, daß Hitler nach der Invasion Jugoslawiens eine faschistische Regierung in Zagreb errichtete, die für Kroatien, Bosnien, Herzegovina und einen großen Teil Voivodinas zuständig war, das heißt für ein Gebiet, das bis vor die Tore Belgrads reichte.

Das faschistische Regime von Ante Pavelic führte die sogenannte Doktrin der drei Drittel ein. Was bedeutete das? Ein Drittel der Serben sollte deportiert, ein weiteres Drittel assimiliert und gewaltsam zum Katholozismus bekehrt - dies war die offizielle Religion Kroatiens; die Serben waren zwar auch Christen, gehörten jedoch der Orthodoxen Kirche an, die im Allgemeinen der katholischen Doktrin sehr nahe stand, wenn es auch offensichtliche Spannungen zwischen beiden gab - und das letzte Drittel eliminiert werden. Diese Doktrin wurde zur politischen Orientierung der staatlichen Maschinerie, die sich damit beschäftigte, die drei genannten Dinge zu organisieren, wobei die Ergebnisse eine unterschiedliche Effizienz ausdrückten.

Viele der Konvertiten wurden schließlich umgebracht, während die Deportation nicht leicht durchzuführen war, weswegen die physische Auslöschung das Mittel war, das am meisten angewandt wurde. Dies ist eine erstaunliche Sache, die für uns wie eine Entdeckung war, denn es handelte sich um einen Holocaust, einen wirklichen Holocaust von enormem Ausmaß.

In bezug auf die damalige Gesamtbevölkerung - der Serben, nicht der Jugoslawen - ist es möglich zu sagen - ich sage nur, daß es möglich ist, denn diese Rechnungen habe ich noch nicht mit Exaktheit durchgeführt; man müßte dies machen -, daß im Verhältnis zur in Kroatien, Bosnien und Herzegovina lebenden serbischen Gesamtbevölkerung ein größerer Prozentsatz an Serben umgebracht wurde als der Anteil der im Zweiten Weltkrieg ermordeten Juden im Vergleich zu ihrer damaligen Gesamtzahl. Man muß die Details noch präzisieren. Dieser Holocaust wurde verschwiegen und der Westen wollte ihn nie erwähnen.

Wir haben versucht, soviel wie möglich über den Autor der in diesem kleinen Buch enthaltenen Untersuchung herauszufinden: Er ist Journalist, beteiligt sich an vielen humanistischen Organisationen, ist katholisch erzogen worden und steht keineswegs dem Marxismus-Leninismus oder dem Kommunismus nahe. Auf der Suche nach Materialien stießen wir auf dieses Buch und wir sammeln weitere Informationen, denn es gibt einige von ihm veröffentlichte Artikel. Doch dieses Buch ist ohne Zweifel sehr gut aufgebaut und enthält viele interessante Daten.

Nun, was sagen die kroatischen Chronisten und was sagen die serbischen Chronisten? Die kroatischen Chronisten erkennen an, daß die Zahl der Opfer sich auf 200.000 belief, was sich auf diejenigen bezog, die im Einklang mit der faschistischen Doktrin der drei Drittel liquidiert wurden.

Was sagen die serbischen Chronisten? Sie sprechen von einer Million.

Was sagen die vertrauenswürdigsten Quellen? Daß es zwischen 400.000 und 700.000 waren.

Was sagt eine Quelle, die als eine der vertrauenswürdigsten angesehen wird, nämlich die Archive des britischen Admiralitätsgerichts? Vergessen Sie nicht, daß Großbritannien in jener Zeit ein Alliierter Jugoslawiens war und an Militäroperationen auf dem Balkan teilnahm, und diese Archive werden als sehr wichtig und seriös angesehen. Die Darstellung dieses Themas weckt vielleicht das Interesse, damit mehr informierte Menschen über das Thema sprechen. Laut den Archiven des britischen Admiralitätsgerichts wurden 675.000 serbische Zivilisten aller Altersklassen und beiderlei Geschlechts, darunter viele Bauern, kaltblütig in Konzentrationslagern oder an ihren Wohnorten ermordet, wobei ganze Weiler ausgelöscht wurden. Das war die Zahl, die gestern unser Botschafter bei den Vereinten Nationen verwendete, aber es gibt noch andere interessante Daten. Ich habe den Verdacht, daß es mehr waren, daß die Zahl der Opfer höher war.

Es gibt eine Bevölkerungsanalyse - es liegen die Daten der Bevölkerung für das Jahr 1941 in den drei Territorien Kroatien, Bosnien und Herzegovina vor - der verschiedenen Kulturen, Ethnien und Nationalitäten, die diese Gebiete bewohnten, wenn man eigentlich auch nicht von ethnischen Differenzen zwischen Bosnien-Herzegovinern, Serben und Kroaten sprechen kann, da die drei Nationen slawischen Ursprungs sind und sogar die serbo-kroatische Sprache existiert. Der Unterschied ist vielmehr kultureller, religiöser Art und hat einen nationalen Charakter. Eine Ethnie kann verschiedene Nationen haben. In Lateinamerika gibt es neben der Sprache viele gemeinsame ethnische Faktoren. Santo Domingo und Kuba, um ein Beispiel zu zitieren, haben den selben ethnischen Ursprung und bilden doch zwei unabhängige Nationen.

Wieviele Kroaten lebten gemäß den statistischen Daten im Jahr 1941, als es dort noch keinen Krieg gab, auf diesem Territorium? Es lebten 3.300.000 Einwohner in diesem Gebiet. Wieviele lebten 40 Jahre später laut einer Volkszählung von 1981 dort? 4.210.000. Eine Steigerung von fast einer Million.

Moslems, die ebenfalls Slawen sind, jedoch der islamischen Religion angehören: 1941 waren es 700.000 und 1981 lebten dort 1.629.000, das heißt mehr als das Doppelte.

Wieviele Serben gab es 1941 auf dem selben Gebiet? 1.925.000. Wieviele waren es 40 Jahre später bei der Volkszählung von 1981? 1.879.000. Etwa 45.000 weniger. Experten, die ausgehend von diesen Daten die Bevölkerung, die Sitten und Gebräuche sowie das Wachstum untersucht untersuchten, errechneten, daß bei diesem Holocaust zwischen 800.000 und 900.000 Serben um Leben kamen.

Alle haben wir von Auschwitz und anderen Konzentrationslagern gehört und einige haben wir die Möglichkeit gehabt, sie zu besuchen und einen niederschmetternden Eindruck davon zu bekommen, was diese Konzentrationslager waren. Und jetzt entdeckten wir bei der Suche nach Informationen, daß es ein Vernichtungslager namens Jasenovac gab, das dem in Auschwitz entsprach, welches dort in Polen stand. In Jasenovac ruhen die sterblichen Überreste von Hunderttausenden von Serben und ebenfalls von Tausenden von Juden, Sinti und Roma und Demokraten aller ethnischer Abstammung. Man sagt, daß dort unter der Erde die größte serbische Stadt nach Belgrad angesiedelt ist.

Wieviele von Ihnen wissen das? Wußte es jemand oder hatte von dieser Angabe gehört? Wir nehmen uns vor, da weiterzuforschen. Derjenige von Ihnen, der es wußte, hebe die Hand (Jemand hebt die Hand). Gut, drück den Knopf und erzähl es uns (Einer der Anwesenden erklärt, daß ein Buch über das Thema in Serbien veröffentlicht und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, daß jedoch in der europäischen Bevölkerung eine allgemeine Unwissenheit über die Allianz der kroatischen Faschisten mit den Nazis und den von ihnen verübten Völkermord herrsche).

Wer war der Autor dieses Buches? (Er sagt ihm, daß die Autoren seinem Anschein nach zwei Serben seien.)

Dieses Buch, das ich hier erwähnt habe, aus dem wir die Angabe entnommen haben und das wir noch weiterstudieren - die Tatsache, daß selbst die kroatischen Chronisten eine Zahl zugeben, denn sie erkennen 200.000 an, ist bedeutsam -, ist von Josep Palau, einem Journalisten katalanischer Abstammung, der bereits 1982 eine breite internationale Aktivität im Zusammenhang mit den europäischen Friedensbewegungen entfaltet und repräsentative Ämter in verschiedenen Nichtregierungs-Organisationen bekleidet hat. Er war Berater der Vereinten Nationen.

Ich fragte unseren Botschafter in New York, ob er einige Informationen hätte, denn wir hatten ihm empfohlen, daß er dieses Buch kauft (Er zeigt es). Wir hatten ihm die Daten des Buches übersandt, doch in einer Buchhandlung sagten sie ihm, daß sie es in sechs Wochen beschaffen könnten. Unmittelbar darauf schickten wir ihm gestern eine Kopie aus diesem Druckhaus per E-Mail, so daß er sein Büchlein dort komplett hatte. Dann sagte er mir, daß er einen anderen sehr interessanten Artikel des Autors gelesen hatte und daß dieser als einer derjenigen angesehen wird, die am meisten über die Geschichte des Balkans und diese Probleme im Allgemeinen wissen. Wir kennen sonst nichts mehr. Deshalb hatte ich die Frage gestellt, ob jemand von Ihnen etwas weiß.

Man hat selbstverständlich erklärt, daß die jugoslawischen Führungspersönlichkeiten das Thema nicht aufwärmen wollten. Wenn etwas so schreckliches passiert, ist dies nicht möglich. Es hätte ohne Zweifel der Absicht der Schaffung einer soliden Föderation, eines geeinten und gerechten Staates und einer friedlichen Gesellschaft entgegengewirkt, wenn man nach Jahrhunderte andauernden Konflikten in diesen Problemen gewühlt hätte.

Aber man kann sich fragen, warum der Westen nicht von diesem Holocaust spricht. Man berücksichtigt dies gerade jetzt, als Tausende und Abertausende von Bomben gegen die selbe Nation abgefeuert wurden. Dem muß hinzugefügt werden, daß es sich nur um die handelt, die auf dem Territorium von Kroatien, Bosnien und Herzegovina starben, da die von Hitler eingesetzte faschistische Regierung ein größeres Gebiet umfaßte und Teile von Voivodina kontrollierte. Doch es scheint, daß die existierenden Daten diejenigen sind, die sich auf die drei erwähnten Gebiete ohne Einschluß von Voivodina beziehen.

Man muß sowohl diejenigen miteinrechnen, die in den Landesteilen starben, in denen die Regierung herrschte, als auch diejenigen, die in den zeitweilig von den italienischen Faschisten oder den ungarischen Faschisten besetzten Gebieten ums Leben kamen.

Das Massaker muß gegen Ende des Jahres 1942 beendet gewesen sein, denn 1943 gab es bereits viele befreite Gebiete, da die Guerillaarmee sehr stark war.

Ich werde versuchen, Daten zu suchen, um zu sehen, wieviel Prozent der Bevölkerung in jener Zeit in den Konzentrationslagern starb. Ich spreche nicht von den im Kampf Gefallenen, sondern von den kaltblütig in den Konzentrationslagern ermordeten Menschen.

Ein Holocaust. Warum spricht man nicht davon? Die Geschichten, die über kürzlich geschehene Massaker und ethnische Säuberungen erzählt werden, sind traurig und schmerzhaft, und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, daß diese Dinge geschehen sind. Ich war nicht dort und habe es nicht gesehen, und ich werde um keine Papiere bitten. Mir reicht es, ein wenig über die Geschichte der entfesselten Haßgefühle und die wirklichen Konflikte zu wissen.

Aber mir ist auch bekannt, daß in den 45 Jahren der Existenz der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien Frieden zwischen diesen Völkern herrschte. Tito selbst war zwar kroatischer Abstammung, wußte aber die Zuneigung der Serben und aller anderen für sich zu gewinnen, weil die Serben wirklich das Rückrat des Widerstandes waren. Es ist verständlich, daß in der Tito-Epoche nicht viel über die Angelegenheit gesprochen wurde. Heute, in einem zerstückelten Jugoslawien und angesichts der Tatsache, daß in einem seiner Landesteile gerade ein Verbrechen wie das begangen wurde, das wir erlebt haben, lohnt es sich sehr wohl, daß diese Wahrheiten bekannt werden.

Ich muß klarstellen, daß ich nicht die geringste Absicht habe, irgendjemanden zu reizen oder zu beschuldigen, und schon gar nicht irgendein Volk. Ich habe nicht die geringste Absicht, die Kroaten dafür zu beschuldigen. Das wäre so, als würde man die Deutschen für die von Hitler begangenen Massaker und den Holocaust an den Juden, Sinti und Roma und vielen anderen, die in den Konzentrationslagern starben, beschuldigen. Und hierbei handelte es sich um systematische Ermordungen, den kaltblütigen Versuch der Ausrottung einer Volksgruppe, einer Nation, einer multiethnischen Bevölkerung oder einer einzigen Ethnie.

Weil er eine solche Zahl von Opfern erreichte, hat der Holocaust eine enorme Bedeutung. Das kroatische Volk zu beschuldigen, wäre das Gleiche, als ob man dem italienischen Volk die Schuld für die Verbrechen des Clowns Mussolini geben würde. Mir fällt keine andere Bezeichnung für ihn ein, weil er zum großen Teil genau das war. Er tötete viele Menschen, führte Invasionen durch, führte diesen ganzen Krieg und schickte Truppen in die Sowjetunion. Es wäre aber ungerecht, dafür das italienische Volk verantwortlich zu machen, denn dies wäre das selbe, als ob man irgendein Volk für die Verbrechen eines faschistischen Systems anklagen würde. Ich möchte dies ehrlich klarstellen. Ich beabsichtige nicht, irgendjemand die Schuld zu geben, sondern ich will mich an die historischen Fakten halten.

Man muß auch eine andere Realität nennen: Die Juden, die in Deutschland und anderen Ländern den Holocaust erlitten, entwickelten eine ziemlich starke Freundschaft mit den Serben und waren ihnen dankbar, weil die Serben vielen Juden das Leben gerettet haben. Man erzählt sogar, daß die US-Außenministerin als Kind aus der Tschechoslowakei kommend auf dem serbischen Territorium Zuflucht fand und dort Hilfe und Unterstützung von den Serben erhielt. Die Serben spielten eine historische Rolle und kämpften heldenhaft gegen den Nazismus. Und ich wiederhole, daß unsere Position, die wir jetzt und in Zukunft aufrechterhalten, eine auf Prinzipien gestützte Position ist.

Wenn Sie die Gelegenheit haben, können Sie die Rede unseres UN-Botschafters lesen. Dort kommt unsere Position zum Kosovo klar heraus. Wir haben nicht erst jetzt, sondern bereits 12 Tage nach dem Beginn der Bombardierungen, nachdem als direkte oder indirekte Folge der Bombenangriffe - meiner Meinung nach sind es mit Sicherheit in der überwiegenden Zahl der Fälle direkte Folgen - Konflikte jeder Art entfesselt wurden oder sich verschärften, einer katholischen Gemeinschaft, die Flüchtlinge betreut, Ärzte angeboten. Sie erzählten uns von der dortigen Tragödie und wir boten ihnen daraufhin bis zu 1.000 Ärzte an. Zwölf Tage danach! Das ist keine heute oder eine Woche vor der kubanischen UNO-Erklärung ausgedachte Erfindung. Wir verkündeten es nicht öffentlich, weil wir ihnen die Angelegenheit überließen. An einem Tag vor einigen Wochen erklärten wir es dann auch öffentlich.

Ebenso verfuhren wir, als die US-Amerikaner, die einen Stützpunkt auf unserem Territorium besetzen, uns darüber informierten - etwas, was sie normalerweise nicht zu tun pflegen - , wobei sie mehr informierten als beantragten, daß sie 20.000 Kosovo-Flüchtlinge auf diesen Stützpunkt bringen würden, was alle Bestimmungen der Vereinbarung verletzt, kraft derer sie dort sind, einer Vereinbarung, die auf viele verschiedene Arten von ihnen verletzt worden ist. Aber wenigstens haben sie die Geste gezeigt, uns zu informieren. Vielleicht dachten sie, daß wir sagen würden, daß sie sie nicht herbringen sollten. Wir sagten ihnen: Wir sind absolut einverstanden damit, daß Ihr sie herbringt. Wir sind bereit, bei allen Dingen zu kooperieren, denn wir können unsere Krankenhäuser und die Wasserzufuhr bereitstellen und alle Hilfe leisten, zu der wir fähig sind.

Danach berieten sie sich vielleicht, denn diese Idee, einen Krieg zu entfesseln, der wiederum eine kolossale Emigration und ein menschliches Drama auslöst, und dann diese Flüchtlinge von Albanien zu einem weitentfernten Marinestützpunkt in einem tropischen Land zu bringen, war wirklich unsympatisch. Schließlich nahmen sie 2.000 Flüchtlinge auf und brachten sie, wie ich verstanden hatte, in einem Camp auf ihrem eigenen Territorium unter. Von den eine Million Flüchtlingen haben sie in generöser und humanitärer Art und Weise nicht viel mehr als 2.000 geholfen. Großbritannien nahm ein weiteres winziges Grüppchen auf. Ich glaube, daß die beiden Länder auf einen Anteil von 0,8% oder eine ähnlich unbedeutende Zahl von Flüchtlingen kommen.

Wir willigten ein und erklärten unsere Bereitschaft dazu, sie auf dem von den USA besetzten kubanischen Territorium aufzunehmen. Wir boten an, ihnen medizinischen Beistand zu gewähren, was wir jetzt hier noch einmal wiederholen. Das war unsere klare und kategorische Position: Der Respekt vor ihren kulturellen, nationalen und religiösen Rechten und die Unterstützung der Autonomie. Und wir gingen noch weiter - es ist möglich, daß viele Jugoslawen das nicht verstehen, oder daß die Serben das nicht richtig verstehen -, indem wir sogar die Idee der Unabhängigkeit für den Fall akzeptierten, daß ein gerechter Friede für alle Ethnien im Kosovo erreicht wird und sich die Serben des restlichen Gebietes dieser Teilrepublik friedlich einigen und entscheiden, dies zu tun. Ja, ich erkläre, daß es auf friedliche Art und Weise und im gegenseitigen Einverständnis vonstattengehen muß.

Ich glaube, daß diese Möglichkeiten bestehen. Aber gut, wir dürfen uns nicht in dieses delikate Thema einmischen. Wir haben unsere Positionen vorgebracht und unsere Pflicht erfüllt. Wir machen die Dinge weder um Freunde noch um Feinde zu gewinnen. Manchmal tun wir Freunden weh und gewinnen gleichzeitig Feinde hinzu. Doch es gibt etwas, das mehr wert ist als alle vorübergehenden Vorteile, und das ist die Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit.

Ich habe sogar die Europäer mit den von mir verwendeten Worten kritisiert, ohne daß ich irgendein Gefühl der Animosität gegen sie hegen würde. Aber eines Tages werde ich perfekt beweisen können, daß ich sie auf irgendeine Art und Weise gewarnt habe, und zwar nur sieben Tage nach dem Beginn der Angriffe, als ich mit viel Präzision genau das voraussagte, was schließlich geschah. Entschuldigen Sie, daß ich mich zurückhalte und dieses Material nicht veröffentliche.

Einer der großen Fehler Europas war, daß sie statt einer Zusammenarbeit mit den moderaten Kräften mit den extremistischsten Elementen kollaborierten, die sie bis vor einigen Monaten als gefährliche Terroristen bezeichneten. Diese Bewegung vefügte 1998 nur über einige Hundert bewaffnete Männer und ihr Personalbestand stieg auf 15.000 bis 20.000 bewaffnete Kämpfer an. Man muß nun herausfinden, was diese berühmte Institution namens CIA gemacht hat, wieviele Männer sie trainierte, wieviele Waffen sie zur Verfügung stellte und welche Aufgaben sie erfüllte. Worüber kein Zweifel besteht ist, daß dieser Krieg wirklich fast programmiert war. Mir scheint, daß die größte Friedensmöglichkeit darin bestand, die moderaten Gruppen anstatt der extremistischen Gruppierungen zu unterstützen, die bis vor kurzem als Terroristen angesehen wurden. Sie benutzen jede Art von Begriff und Bezeichnung.

Und warum ist diese Politik sehr besorgniserregend - das ist die letzte Idee, die ich hier vorbringen will -, die Offensive gegen die Souveränität, dieser Versuch, die Prizipien der UN-Charta wegzuwischen? Warum erfindet man alle diese Theorien und von mir erwähnten Doktrinen, so viele Vorwände für humanitäre und gegen globale Gefahren gerichtete Interventionen? Es gibt außerdem etwas, wie ich erwähnt habe, ein anderes Konzept, das 'Diplomatie unter dem Schutz der Gewalt' heißt. Bis wann soll das so weitergehen?

Wir haben sehr viele bittere Erfahrungen mit dem Verhalten der führenden US-amerikanischen Politiker gesammelt. Gelegentlich wählen sie einen von ihnen, der zum Beispiel eine religiöse Ethik hat. Ich würde es wagen, einen Fall zu zitieren, nämlich Carter. Ich stelle mir vor, daß Carter eine solche Art von völkermörderischem Krieg nicht unterstützen würde. Aber wir haben auch eine Reihe von US-Präsidenten kennengelernt, von denen man nicht das selbe behaupten kann.

Wir haben gerade eine Klage gegen die USA auf die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 181 Milliarden Dollar eingereicht - ich habe Ihnen ja bereits einiges erzählt, hoffentlich wird Ihnen ein Exemplar geschenkt. Ich glaube, Sie hatten eines in den Koffern, aber für den Fall, daß sie es nicht gelesen haben, da Sie nicht über viel Zeit verfügt haben, sage ich etwas dazu -, in dieser Klageschrift gibt es zwei Dinge, zwei hervorragende Beispiele von Zynismus. Wir sprachen hier in der Klage zusammenfassend von folgendem: " Die Unterlagen jener Zeit, ausgestellt von denjenigen, die von den USA aus die Aggressions- und Subversionspolitik gegen Kuba gestaltet haben, weisen die unbestreitbare historische Wahrheit dieser Vorkommnisse und den Zynismus und die Lügen auf, die immer alle Handlungen der USA gegen Kuba begleiteten."

Die Verschwörung gegen Kuba und die Aktionen begannen direkt nach der Einführung eines Agrarreformgesetzes, da es US-Unternehmen gab, die 10.000, 50.000 und einige sogar bis zu 150.000 Hektar Land besaßen, und da wir ein Agrargesetz entwarfen, das logischerweise und unvermeidbar deren Eigentum antastete. Ab diesem Moment begannen ihre Verbrechen gegen Kuba. Bereits im August wurden die ersten terroristischen Akte verübt und die ersten Pläne zur Ermordung von Führungspersönlichkeiten begannen im November 1959, wobei sie mir die Ehre erwiesen, mir eine große Anzahl dieser Pläne zu widmen. Hier in diesem selben Abschnitt ist das aufgeführt.

Man hatte noch nicht vom Sozialismus gesprochen, den davon wurde hier ab dem 16. April geredet, als wir darangingen, die Opfer zu beerdigen, die Kämpfer, die als Folge eines Angriffs US-amerikanischer Kampfflugzeuge, die mit kubanischen Söldnern bemannt waren und kubanische Insignien aufgemalt hatten, starben. Und sogar Stevenson ließen sie dort in der UNO, wo dieser als Botschafter fungierte, große Lügen erzählen, die gleiche offizielle Begründung, die in der Behauptung bestand, daß es sich um Flugzeuge mit rebellierenden Piloten unserer Luftwaffe handeln würde. In Wirklichkeit machten sie uns mit dem Luftangriff auf etwas aufmerksam, was wir bereits erwarteten, denn wir erkannten das nahe Bevorstehen der Söldnerlandung in dem Versuch, unsere kleine Luftwaffe zu zerstören, was ihnen aber nicht gelang, da die Kampfflugzeuge verstreut aufgestellt waren und der Stützpunkt von Luftabwehrbatterien verteidigt wurde. Sie zerstörten einen Teil der Flugzeuge, doch es blieben uns immer noch mehr Flugzeuge als Piloten, und die, welche verblieben, reichten für die Dauer des Abenteuers aus.

Ich bezog mich darauf. Es ist keineswegs eine Lüge, daß alle Aktivitäten der USA gegen Kuba unveränderlich von finsteren Absichten begleitet waren.

In einem der Abschnitte der Klageschrift wird folgendes ausgeführt: "In diesem Zusammenhang sei zur Veranschaulichung für das Gericht zu erwähnen, daß am 17. März 1960, während einer Versammlung mit der Beteiligung des Vizepräsidenten Richard Nixon" - ein Heiliger -, "des Außenministers Christian Herter" -er erreichte später nicht, Präsident zu werden -, "des Finanzministers Robert B. Anderson, des Assistenten des Verteidigungsministers John N. Irwin, des Stellvertreters des Außenministers Livingston T. Merchant, des Assistenten des Außenministers Roy Rubottom, des Admirals des gemeinsamen Generalstabs Arleigh Burke, des Direktors der CIA Allen Dulles, der hohen CIA-Offiziere Richard Bisell und J.C. King und der Beamten des Weißen Hauses Gordon Gray und General Andrew J. Goodpaster, der US-Präsident das von der CIA vorgeschlagene sogenannte 'Programm verdeckter Aktionen gegen die Regierung Castros'" - bereits vorher wurden eine Reihe von brutalen Aktionen erwähnt - "billigt, wodurch u.a. die Bildung einer Geheimorganisation in Kuba zugelassen wird und deren notwendige Finanzmittel der CIA zur Verfügung gestellt werden. In einem kürzlich öffentlich gemachten Memorandum" - denn sie haben schon Dokumente veröffentlicht, da bereits fast 40 Jahre vergangen sind, es ist eine Gewohnheit - "über den Verlauf dieser Versammlung notierte der General Goodpaster" - hören Sie, was der Mann notierte -: "'Der Präsident meinte, er kenne keinen besseren Plan für das Meistern dieser Situation." - es handelt sich um Präsident Eisenhower - "'Das große Problem ist das Einsickern und der Sicherheitsfehler[...]. Alle müssen bereit sein, zu schwören, daß er (Eisenhower) nichts davon weiß. (...) Er sagte, daß unsere Händen in keiner Aktion auftauchen dürften.'"

Und es waren bereits schwerwiegende Dinge passiert, denn schon seit August 1959 begannen Angriffe in Piratenmanier, Bombardierungen, das Anzünden von Zuckerrohrfeldern durch aus den USA kommende Flugzeuge und die Sprengung des Schiffes La Coubre, bei der 101 Bürger dieses Landes getötet wurden und die einige Tage vor dem erwähnten Treffen geschah. In Wirklichkeit war es ein formales Treffen, und das noch mehr, da die CIA bereits vor Beendigung des Jahres 1959, am 11. Dezember, meine Ermordung empfohlen hatte. Der Sieg der Revolution lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ein Jahr zurück. Sehr gut, es gibt andere Dinge, die mehr Abscheu hervorrufen, und diese sind hier aufgeführt für diejenigen, die es noch nicht gelesen haben.

Dies hier ist ein anderes für die Öffentlichkeit freigegebenes Dokument. Nixon war nicht mehr Vizepräsident und Eisenhower nicht mehr Präsident. Kennedy hatte dieses Amt inne, und es bezieht sich auf die Zeit nach der Schweinebucht-Invasion:

"Am 7. März 1962 bekundete der Rat der Generalstabschefs in einem Geheimdokument, daß 'die Feststellung, daß ein interner Aufstand mit Erfolgsaussichten in den nächsten 9 bis 10 Monaten unmöglich ist, eine Entscheidung der USA in dem Sinne erzwingt, eine 'Provokation' zu fabrizieren, die eine positive US-Militäraktion rechtfertigt.'

Am 9. März 1962 legte das Büro des Verteidigungsministers dem Rat der Generalstabschefs unter dem Titel 'Vorwände, um eine militärische Intervention der USA in Kuba zu rechtfertigen' ein Paket von feindseligen Maßnahmen vor, welche das Ziel verfolgten, die Bedingungen für die Rechtfertigung einer Militärinvasion in Kuba zu schaffen." Achten Sie darauf. Immer haben sie versucht, einen Vorwand zu finden. Alles was sie machen, dient dazu, einen Vorwand zu suchen. Unter den in Erwägung gezogenen Maßnahmen befanden sich folgende, die dem Rat der Generalstabschefs vom Büro des Verteidigungsministers vorgelegt wurden:

* "Es wären eine Reihe von gut koordinierten Zwischenfällen zu planen, damit diese in Guantánamo (im Marinestützpunkt) oder seiner Umgebung mit dem Ziel stattfinden, glaubwürdig den Schein zu erwecken, daß diese Vorkommnisse von feindseligen kubanischen Kräften provoziert wurden." Dies ist eine Variante.

* "Die Vereinigten Staaten würden mit der Durchführung von Offensivaktionen zur Sicherung der Wasser- und Stromversorgung antworten, wobei sie die Artillerie- und Mörserstellungen vernichten, welche den Stützpunkt bedrohen. Dies würde US-amerikanische Militäroperationen großen Ausmaßes auslösen."

* "Ein Zwischenfall vom Typ "Remember the Maine" könnte auf verschiedene Art und Weise vorbereitet werden."

* "Wir könnten ein US-Schiff in der Bucht von Guantánamo in die Luft sprengen und Kuba die Schuld dafür geben."

* "Wir könnten ein unbemanntes Schiff an irgendeinem Punkt der kubanischen Hohheitsgewässer in die Luft sprengen."

* "Wir könnten es so arrangieren, daß dieser Zwischenfall in der Nähe von Havanna oder Santiago stattfindet, und zwar als ein spektakuläres Resultat eines kubanischen Angriffs aus der Luft oder von der See, oder aus beiden Richtungen."

* "Die Präsenz von kubanischen Flugzeugen und Schiffen, die sich einfach nur annähern würden, um die Absichten unseres Schiffes zu erkunden, könnte einen ausreichend überzeugenden Grund darstellen, um zu behaupten, daß das Schiff angegriffen wurde."

* "Die Vereinigten Staaten könnten die Aktion mit einer luft- oder seegestützten Rettungsaktion unter dem Schutz von US-Jagdbombern fortsetzen mit dem Ziel, die restlichen Mitglieder einer nicht existierenden Besatzung zu 'evakuieren."

* "Die Listen der Toten und Verletzten in der US-Presse könnten eine günstige Welle der nationalen Empörung hervorrufen."

* "Wir könnten eine kubanisch-kommunistische Terrorkampagne im Gebiet von Miami, in anderen Städten Floridas und in Washington auslösen. Diese Terrorkampagne könnte gegen die kubanischen Flüchtlinge gerichtet sein, die in den USA Asyl suchen."

* "Wir könnten ein mit Kubanern vollbeladenes Schiff auf der Route nach Florida versenken (in Wirklichkeit und simuliert)."

* "Wir könnten Angriffe gegen das Leben der kubanischen Flüchtlinge in den USA fördern, sogar bis zu dem Punkt, einige zu verletzen, wobei diese Fälle dann breit veröffentlicht werden würden."

* "Eine Reihe von Plastiksprengsätzen an sorgfältig ausgewählten Orten explodieren zu lassen, einige kubanische Agenten festzunehmen und der Öffentlichkeit präparierte Dokumente vorzulegen, welche die kubanische Verstrickung in die Attentate belegen, könnte ebenfalls dabei behilflich sein, die Idee einer unverantwortlichen Regierung zu verbreiten."

* "Man könnte einen 'von kubanischem Territorium gestarteten und von Castro unterstützten' Feldzug gegen eine Kuba benachbarte karibische Nation simulieren."

* "Der Angriff gegen zivile Flugzeuge, die Attacken gegen Schiffe und die Zerstörung von unbemannten US-Militärflugzeugen durch Kampfjets vom Typ MIG könnten nützliche Komplementäraktionen darstellen."

* "Ein entsprechend angestrichener F-86-Bomber könnte die Passagiere eines Zivilflugzeugs davon überzeugen, daß sie eine kubanische MIG sehen, besonders dann, wenn der Pilot des Passagierflugzeugs dies als eine Tatsache hinstellt."

* "Entführungsversuche von Zivilflugzeugen oder Schiffen könnten wie Aktionen aussehen, die weiterhin von der kubanischen Regierung gefördert werden."

* "Es ist möglich, einen Zwischenfall zu konstruieren, der auf überzeugende Art beweist, daß ein kubanisches Flugzeug ein ziviles Charterflugzeug, das von den USA nach Jamaica, Guatemala, Panama oder Venezuela flog, angegriffen und abgeschossen hat."

* "Die Passagiere könnten eine Gruppe von Universitätsstudenten oder jegliche andere Gruppe von Personen mit gemeinsamen Interessen sein, die das Chartern eines Flugzeuges bedingen."

* "Es ist möglich, einen Zwischenfall zu fabrizieren, bei dem es so scheint, daß kubanisch-kommunistische MIGs ein Flugzeug der US-Luftwaffe über internationalen Gewässern als Produkt einer nicht provozierten Attacke abgeschossen haben."

Fünf Monate später," - nach diesen unheilvollen, wirklich unheivollen Varianten, die dem Rat der Generalstabschefs vorgeschlagen wurden - "im August 1962" - achten Sie auf das Jahr -, "bestätigte der General Maxwell D. Taylor, Präsident des Rats der Generalstabschefs, dem Präsidenten Kennedy, daß man keine Möglichkeit sehe, daß die kubanische Regierung ohne eine direkte militärische Intervention gestürzt werden könnte, weshalb die Erweiterte Spezialgruppe vorschlug, den noch aggressiveren Kurs der Operation Mangoose einzuschlagen. Kennedy genehmigte seine Ingangsetzung mit den Worten: 'Es ist eine Angelegenheit der Dringlichkeit.'"

1962. Es kommt zur Oktoberkrise. Es handelte sich schlichtweg darum, daß an die Ohren der Sowjets und an unsere Ohren einige Nachrichten gedrungen waren, jedoch nicht dieses Dokument, das ich gerade vorgelesen habe, denn zumindest wir kannten es nicht.

Doch Chruschtschow hatte eine totale Überzeugung. Für uns war es etwas, woran wir gewohnt waren, denn wiederholt waren wir aufgrund der Nachricht einer möglichen Invasion mobilisiert. Uns interessierte nicht, hier strategische Raketen zu haben. Wir waren wirklich mehr am Erscheinungsbild unseres Landes interessiert, damit es nicht so aussah, als ob es sich um einen Stützpunkt unserer sowjetischen Freunde handelte.

In diesem Fall war die Entscheidung wirklich von einem Sinn für Solidarität bestimmt, denn sie hatten uns vor der Invasion in Playa Girón viele Waffen geschickt. Wir hatten Hunderttausende von Waffen, die wir bereits im sozialistischen Lager und bei der UdSSR seit jenem 4. März 1960 erworben hatten, als das Schiff La Coubre mit einer Ladung von Waffen aus Belgien explodierte. Im Zeitraum bis zur Schweinebucht-Invasion, das heißt in den darauffolgenden eineinhalb Jahren, empfingen wir Dutzende und Aberdutzende von mit Waffen beladenen Schiffen, die aus der UdSSR über die Tschechoslowakei kamen und Panzer und Kanonen, Luftabwehrgeschütze und Gewehre brachten.

Mit großer Geschwindigkeit lernten wir, diese Waffen zu bedienen, denn die schwersten von ihnen kamen hier im ersten Quartal des Jahres 1960 an, und als es zur Schweinebucht-Invasion kam, vefügten wir über einige von der Batista-Armee erbeutete Waffen und einige andere, die wir in Belgien gekauft hatten, denn die Lieferung, die explodierte, war die zweite, die aus Belgien hier ankam. Das heißt, daß wir ihnen nicht einmal einen Vorwand geben wollten, wie es 1953 in Guatemala geschah, als sie ein mit Waffen für die Arbenz-Regierung beladenes Schiff aus der Tschechoslowakei zum Vorwand nahmen, um es in die Luft zu sprengen. Doch schon zum Zeitpunkt der Invasion hatten wir Hunderttausende von Männern ausgebildet und bewaffnet, Tausende und Abertausende von Artilleriesoldaten für die Bedienung aller dieser Waffen. Sie hatten zwar nicht viel Erfahrung, wußten aber diese Waffen zu bedienen und verfügten über den nötigen Kampfgeist.

Die Sowjets waren sehr beunruhigt, weil sie Nachrichten über eine mögliche Invasion erhielten. Sie stellten uns die Quellen zur Verfügung, für mich waren es nicht exakt die Wichtigsten, denn die Informationen, die sie möglicherweise erhielten, war nicht so komplett wie diejenigen, die sie aus ihren mit Kennedy und anderen hochrangigen Persönlichkeiten geführten Gesprächen ableiteten.

Bis zum Zeitpunkt der Playa Girón-Invasion hatten sie uns nicht nur Waffen geliefert, sondern auch bereits kräftig klingende Erklärungen abgegeben und sogar von den Raketen gesprochen. Sie waren irritiert, weil die Revolution damals wie eine Art von Wunder aufgetaucht war, das sie sich nicht vorgestellt hatten. Und die Revolution war weder importiert noch von irgendjemandem von außen gefördert worden. Sie war authentisch und allein von uns durchgeführt.

Das einzige, was wir wirklich importierten, waren die Ideen, oder die Bücher, mit deren Hilfe wir uns eine revolutionäre politische Kultur aneigneten und der wir einige Ideen hinzufügten, die das Produkt der einheimischen Schöpfung sind, um sie an die Realitäten unseres Landes anzupassen. Denn die These von Engels war, wie ich sagen muß, daß es nach dem Bau der großen Alleen in Paris und der Erfindung eines Gewehrs mit Verschluß zum Abfeuern von 5 Kugeln unmöglich sein würde, einen Aufstand in Paris oder in ähnlichen Städten zu entfesseln.

Wir mußten uns ein revolutionäres Bewußtsein aneignen, als es Flugzeuge, Panzer, Kanonen, Kommunikationsverbindungen und viele für uns damals noch nicht einmal vorstellbare Dinge gab, und da wir an eine Reihe von Prinzipien glaubten und von einer Tradition ausgingen, entwickelten wir die Idee des bewaffneten Kampfes und die zu verfolgende Strategie und Taktik.

Kein Russe und kein Sowjetbürger hatte irgendetwas damit zu tun und niemand schickte uns Waffen oder gab uns auch nur einen Centavo. Später gab es revolutionäre Bewegungen in dieser Hemisphäre, die über Dutzende von Millionen Dollar vefügten. Ich stellte einmal eine Rechnung über all das auf, was die Moncada-Aktion, die Granma-Landung und der Krieg in der Sierra Maestra kosteten, und vielleicht liege ich nicht so falsch, wenn ich nach der Summierung aller Kosten auf einen Betrag von umgerechnet 300.000 Dollar komme. Also können wir uns bezüglich dessen noch ein weiteres Pünktchen gutschreiben und sagen, daß wir die billigste Revolution gemacht haben, die jemals existierte (Lachen und Beifall).

Ich bin aufrichtig. Ja, wir waren solidarisch mit der revolutionären Bewegung, das haben wir niemals verschwiegen. Wir haben niemals gelogen. Ebensowenig informieren wir aber den Feind über Dinge, die wir ihn nicht wissen lassen wollen, und damit basta. Niemals kommt aus unserem Mund eine Lüge, nicht gegenüber den Yankees noch gegenüber einem Journalisten oder sonstjemandem. Das ist ein unerschütterliches Prinzip.

Ich habe Ihnen die Dinge bezüglich der Oktoberkrise erklärt. Wir verstanden, daß die US-Amerikaner einige Raketen in der Türkei und in Italien stationiert hatten, die Mittelstreckenraketen waren, die wesentlich schneller als die strategischen Projektile und die Bombenwerfer auftreffen. Die Präsenz von 42 Raketen in Kuba garantierte den Sowjets unbestreitbar ein gewisses strategisches Gleichgewicht. So sehr wir auch an der Aufrechterhaltung eines bestimmten Erscheinungsbildes der Revolution interessiert waren, wäre es doch nicht gerecht und ehrenvoll gewesen, wenn wir den Abschluß einer Vereinbarung über die Frage der Mittelstreckenraketen verweigert hätten, nachdem wir die Waffen, die Unterstützung und sogar die Hoffnung erhielten, daß die Sowjets für uns kämpfen würden. In Wirklichkeit hätten wir lieber vorgezogen, das Risiko einzugehen, die Raketen nicht zu haben, auch wenn wir gemäß unserem heutigen Wissensstand sicher sind, daß die Invasion damals absolut sicher war.

Sogar für die damalige Zeit war die Zahl unserer Waffen und unserer militärisch ausgebildeten Menschen beträchtlich, so daß wir also zu einem Vietnam geworden und einen sehr hohen Preis bezahlt hätten.

Warum kam es zu keinem Angriff? Schließlich setzte sich die These der Sowjets durch, unabhängig von den Nachrichten, die wir zwar erhielten, aber mit Gleichgültigkeit betrachteten, denn wir bevorzugten andere Dinge und hatte eine Mentalität für diese Art von Risiko entwickelt. Wir hatten bei weitem keine Angst vor dem Imperialismus. Dies war die Erfahrung, die während unseres Krieges entstanden war, der zwar kurz, dafür aber sehr intensiv war und eine unübertreffliche Schule in Dingen darstellte, die diese Erfahrung bereicherten. Die Sowjets hatten eine absolute Überzeugung, die man auf die eben geschilderte Art nicht erlangen kann, eine totale Sicherheit, ohne diese Dokumente und andere Informationsquellen mit Zugang zu sensiblen Daten zu besitzen.

Wenn ich mich gut an diese Zeiten erinnere, sehe ich, daß die Empfehlungen zur Schaffung eines Vorwandes vom 9. März 1962 datieren.

Wie man weiß, hatten die Sowjets einige Freunde und Mitarbeiter in vielen US-Institutionen, die an gut besuchten Treffen teilnahmen, bei denen stapelweise Papiere ausgegeben wurden, so daß sie in den Besitz dieser Papiere gelangten. Wir kannten zu dieser Zeit diese Dokumente nicht, wie ich bereits sagte. Wenn ich mich genauestens erinnere an die Geschichte der Kontakte mit den Sowjets, an das erste Mal, als sie uns von diesem Thema erzählten, an ihre Gesandten, die nach Kuba kamen, an deren Identität und die Themen, von denen sie sprachen, an das, was sie sagten und die Art und Weise, wie sie es sagten, und an die Art unserer Analyse, dann habe ich keine Zweifel, daß ihre Kenntnisse aus einer sehr sicheren Quelle stammten. Ich erläuterte der revolutionären Führung diese Frage. Zu dieser Zeit waren Che, Raúl und andere Genossen die wichtigsten Führungspersönlichkeiten. Wir analysierten mit ihnen das Problem und trafen die Entscheidung.

Die Russen fragen mich, und ich muß es hier sagen, das folgende: "Was kann Eurer Meinung nach diese Invasion verhindern?" Ich sagte ihnen - und ich glaubte sogar daran: "Eine Erklärung der Sowjetunion, die besagt, daß ein Angriff auf Kuba einem Angriff auf die Sowjetunion entspricht." Sie sagen: "Ja, ja. Aber wie machen wir das glaubhaft?" Daraufhin schlagen sie die Idee der Stationierung der Raketen vor. Zu dieser Stunde gingen wir auseinander, um unter uns nachzudenken und zu analysieren, und wir analysierten es aus der Perspektive, die ich Ihnen erläutert hatte, im Sinne der Ehre und der Solidarität. Die Antwort fiel positiv aus. Dies war einige Wochen nachdem die Anleitungen zur Schaffung von Vorwänden für eine Invasion herausgegeben wurden.

Ich muß diese Geschichte noch ein wenig rekonstruieren und einige Nachforschungen über Angaben und Daten anstellen. Ich habe Ihnen davon erzählt - ich wollte nur das vorlesen, was ich hier habe - und man muß es noch präzisieren. Denn seit dem Augenblick, als wir eine Vereinbarung über dieses Thema unterzeichneten, war die Schnelligkeit, mit der gearbeitet wurde, eindrucksvoll. Schauen Sie, schon im August akzeptiert Kennedy den Plan, bewilligt ihn und sagt, daß es sich um eine "dringende Angelegenheit" handele.

Möglicherweise sind wir damals einer direkten Invasion entgangen. Danach kam es zu Gerüchten über Bewegungen von Waffen und Schiffen und solchen Dingen. Im Juli und August kreisten bereits einige Gerüchte, denn es kamen Mittelstreckenraketen, Luft-Boden-Raketen und eine große Anzahl von Rüstungsgütern, modernen Kampfflugzeugen und vielen anderen Dingen an. Die Krise bricht in Wirklichkeit nach dem 20. Oktober aus. Die Sowjets und Chruschtschow hatten vollkommen recht, doch eine so totale Sicherheit wie die, an die ich mich erinnere, konnte man nur durch die Kenntnis von Dokumenten und Aktivitäten der USA erlangen, und sie hatten sehr viel mehr Mittel zur Verfügung als wir, um diese Information zu bekommen.

Wir hatten einige wichtige Informationen, sogar ziemlich viele, und vor allem viel Intuition. Wir rieten und hatten die Angewohnheit, uns niemals von einem Angriff überraschen zu lassen. Es ist vorzuziehen, zwanzig Mal Mobilisierungen einzuleiten und es passiert nichts, als einmal nicht zu mobilisieren und dann angegriffen zu werden. Man könnte sagen, daß eine mobilisierte Armee und ein mobilisiertes Land zwanzig oder fünfundzwanzig Mal mehr Stärke haben als ein überraschend attackiertes Land. Das passierte den Sowjets im Juni 1941, das passierte Stalin, als er die Rolle des Strausses spielte und den Kopf in den Sand steckte, während die Deutschen 3 Million Soldaten in der Nähe der Grenze konzentrierten, und zusätzlich Zehntausende von Fahrzeugen, Tausende und Abertausende von Panzern, Tausende und Abertausende von Flugzeugen, und als sie an einem Sonntag angriffen, als viele Offiziere und Soldaten Ausgang hatten, worauf fast die gesamte Luftwaffe am Boden zerstört wurde. Diese Geschichte ist unglaublich und wir kennen sie sehr gut, weil wir viel über jenen Krieg gelesen haben, was dazu beigetragen hat, unsere Erfahrung in vielen Bereichen zu bereichern.

Aber erst als die US-Amerikaner entschieden, diese Dokumente zu veröffentlichen, erfuhren wir im Detail von diesen makabren Plänen und ihrem unglaublichen Fehlen von Skrupeln. Einer sagt: "Ich weiß nichts, sie müssen schwören, daß ich über nichts Bescheid weiß." Ein anderer empfiehlt schändliche Arten der Provokation von Zwischenfällen, um einen Krieg zu rechtfertigen. Ein anderer wiederum akzeptiert sie. All das hilft uns heute, nach der ganzen Zeit, die verstrichen ist. Es werden weiterhin Dokumente erscheinen, denn sie haben diese Gewohnheit, und dabei haben sie die veröffentlichten Dokumente beigetragen, wie ich Ihnen bereits sagte, und zwar unabhängig von allen Beweisen, über die wie verfügen, nicht wahr? Denn etwas wie Playa Girón ist absolut leicht zu beweisen. Ist es nicht so? Die Geschichte umfaßt alles vom ersten bis zum letzten Aspekt, wer die Söldner rekrutierte, von wo aus sie ihre Befehle erhielten und welche Waffen ihnen übergeben wurden. Wir hatten 1.200 Gefangene hier, die sie gegen Lebensmittel und Medikamente eintauschten. Das war es, was wir machten.

Doch sie haben uns Dokumente, Präzedenzfälle und Tatbestände übermittelt. Jetzt sind wir in eine juristische Schlacht verwickelt und ich hoffe, daß sie jetzt keine Invasion starten, weil sie uns als eine globale Bedrohung ansehen.

Ich kann Ihnen sehr wohl von einer globalen Bedrohung erzählen: die Ideen, die klaren Ideen, das, was Sie hier analysiert und verabschiedet haben. Lassen Sie uns die Ideen globalisieren und verbreiten. Lassen Sie uns das Wunder schaffen, sie überallhin zu tragen, wie ich Ihnen am ersten Tag gesagt hatte. Das sind die wahren globalen Bedrohungen: sprechen, überlegen, denken, erklären, beweisen. Wenn ich Ihrer Meinung nach zu weit ausgeschweift bin, so empfand ich es nicht so.

Und ich habe mit großem Vergnügen über all das zu Ihnen gesprochen und Ihnen einige Dinge erzählt, wovon Teile sogar unveröffentlicht waren. Ich habe es mit großer Freude und Zufriedenheit getan. Das ist das Wenigste, das ich angesichts der Ehre tun kann, die sie mir erwiesen haben, und ihres Besuchs. Sie sind ohne Angst oder Furcht hierhergekommen, denn unter bestimmten Umständen muß man mutig sein, um hierher zu Besuch zu kommen. Ich spreche hierbei die Kongreßteilnehmer an und auch die Minister, auch wenn es sich bei den Ministern nicht um den selben Fall handelt. Sie haben ein bißchen mehr Macht und sind ein bißchen weniger verwundbar als Sie.

Wegen des aufrichtigen und solidarischen Geistes der Freundschaft, den wir hier spürten, habe ich mit großer Genugtuung meine Worte an Sie gerichtet, und das während eines Zeitraums, ich weiß nicht, man kann kaum die Anzahl der Stunden kalkulieren. Aber ich kann Ihnen versichern, daß ich um 17.00 Uhr anfing zu reden, weshalb dies noch weit von einem Rekord entfernt ist (Lachen). Hoffentlich ist es nützlich!

Vielen Dank (Ovation.)

Mitschrift durch den Stenographischen Dienst des Staatsrates