Artikel

Grenzenlose Empfindsamkeit

Datum: 

03/12/2016

Quelle: 

Granma Internacional

Autor: 

Die Doktorin Mirta Copello Noblet spricht am Eingang des Nationalen Referenzzentrums für Retinitis Pigmentosa mit Fidel. Foto: Mirta Copello Noblet
 
Ich hatte die Gelegenheit, Zeugin der tiefen Empfinsamkeit Fidels zu werden, als ich für Granma über den ersten Kongress der Kubanischen Vereinigung der Menschen mit Physisch-Motorischen Behinderungen (Aclifim) berichtete, der 1987 stattfand.
 
Das Ereignis fand in einer bescheidenen Schule mit dem Namen Boris Luis Santa Coloma statt.
 
Auch wenn der Vorstand des Aclifim ihn eingeladen hatte, glaubten nur wenige, dass mitten in seinen vielfältigen Verpflichtungen innerhalb des Prozesses der Rektifizierung der Irrtümer, der Comandante in Jefe dort erscheinen würde.
 
Zur Überraschung der Delegierten und der wenigen Journalisten, die wir über den Kongress berichteten, hörte man plötzlich gegen 14.30 Uhr an diesem 19. August das Geräusch einer ungewöhnlichen Menge von PKWs auf dem Parkplatz der Schule. Sofort schrie jemand: Fidel ist gekommen!
 
Er erhielt stürmischen Beifall und ein Chor von begeisterten Stimmen wiederholte unentwegt seinen Namen. Der Revolutionschef stellte sich vor das Auditorium und sagte, dass er nicht gekommen sei, um die Veranstaltung zu schließen, sondern um mit den Delegierten zu sprechen, um von ihren Sorgen und Problemen zu erfahren.
 
Nahezu vier Stunden lang unterhielt er sich mit den Teilnehmern des Kongresses und hörte sich aufmerksam ihre Vorschläge an, die vor allem subjektiver Natur waren, und z.B. die Eingliederung der Menschen mit körperlichen Behinderungen in den Arbeitsmarkt und die Hindernisse, die für Rollstuhlfahrer bestehen, um sich Zugang zu Gebäuden etc. zu verschaffen, Prothesen, orthopädische Schuhe und andere wesentliche Dinge zum Thema hatten.
 
Als er dort erfuhr, dass es im Verlauf des Jahres 1987 nur gelungen war, Arbeitsplätze für 34 von den insgesamt 900 Menschen zu finden, die in der Lage waren, zu arbeiten, sagte er sichtlich verärgert, dass nicht genug damit, dass in vielen Fällen völlig ungeeignete Arbeitsplätze angeboten wurden; darüberhinaus würden viele Verwaltungen, die sich weigerten Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, sich wie gefühllose Kapitalisten verhalten.
 
Er betonte, dass die Gesellschaft mehr Bewusstsein dafür entwickeln müsse, was es für einen Menschen mit Behinderung bedeute, sich nützlich zu fühlen. Er schlug drei Wege vor, mit denen es möglich sei, das geheiligte Recht des Menschen, sich selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen, zu garantieren: Eingliederung in Arbeitszentren, Schaffung besonderer Werkstätten und Ermöglichung der Arbeit im häuslichen Bereich.
 
Nach diesem Treffen gab er Anweisungen an die Partei, die beteiligten Ministerien und die Massenorganisationen, gemeinsam an dem Ziel der vollen Beteiligung dieses Teils der Gesellschaft am Leben des Landes zu arbeiten. Danach verfolgte er Schritt für Schritt die Maßnahmen, die angewandt wurden, um dieses Vorhaben mit Erfolg zu krönen.
 
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Am 11. September 1989 weihte der Führer der Kubanischen Revolution den Saal für Intensivmedizin im Salvador Allende Krankenhaus in Havanna ein. Er wollte alles über die Behandlung der Retinitis Pigmentosa wissen und fragte Professor Orfilio Peláez Molina, ob er keine Hilfe bei der Entwicklung der Erforschung dieser ophtalmologischen Krankheit habe.
 
Er erfuhr dann, dass es eine Spezialistin auf diesem Gebiet mit Namen Mirta Copello Noblet gebe, aber dass sie gerade in die Intensivstation eingeliefert worden sei. Ich werde sie sofort besuchen, sagte Fidel.
 
Inzwischen sind 25 Jahre vergangen, aber Dr. Mirta erinnert sich noch an jede Einzelheit des Besuches, den ihr der Comandante abstattete. Vom Bett aus konnte sie damals diffus eine große Gestalt erkennen, die einige Minuten damit beschäftigt war, sterile Kleidung überzuziehen und anscheinend keine passende fand.
 
„Endlich gelingt es ihm sich anzuziehen und er nähert sich meinem Krankenbett. Ohne mir darüber klar zu werden, wer er war, fragt er mich: „Mirta, kennst du mich nicht?“
 
„Ich bin fast gestorben, als ich ihn erkannte. Ich habe sofort versucht, mich aufzurichten, aber er ließ das nicht zu. Dann kam er ganz nah und ganz leise sagte er, dass er wüsste, dass ich die bevorzugte Schülerin von Professor Peláez sei und ich solle alles daran setzen, wieder gesund zu werden. Ich solle das für meine Kinder, meine Familie und für mich tun.“
 
Dann erzählt Mirta, dass er sie gefragt habe:“ Was hättest du gerne, was würde dir Freude bereiten? „Nichts“, habe sie geantwortet „nur an Ihrere Seite sein und für das Wohl des Landes arbeiten, mein Comandante“.
 
Dr. Copello konnte ihre Tränen nicht zurückhalten als sie sich daran erinnerte, wie sie Fidel zu dem behandelnden Arzt sagen hörte: Sie darf nicht sterben, ihr müsst sie retten.“
 
„Bereits an der Tür des Zimmers hat er sich noch einmal umgedreht und gesagt: „Wir möchten einen Pavillon des Krankenhauses reparieren, damit die kubanischen Patienten, die an Retinitis Pigmentosa leiden einen Ort haben, wo sie mit den dafür nötigen Ressourcen behandelt werden und ihr könnt mit den Forschungen weitermachen. Die Zimmer werden über ein Bad verfügen und wir werden den Speisesaal so legen, das ihnen der Aufenthalt so angenehm wie möglich wird.“
 
Wie immer hat Fidel sein Wort gehalten und wenige Monate später, am 6. März 1990, öffnete das schöne Nationale Referenzzentrum für Retinitis Pigmentosa seine Pforten. Heute ist das Nationale Programm zur Behandlung dieser Krankheit eine Realität. Auch hier hat der ewige Comandante en Jefe seine Spur hinterlassne.